Mittwoch, 7. September 2016

Von Yellowknife nach Whitehorse - die 100-Meilen Sackgasse nach Fort Resolution

R&G
Der nächste Morgen begrüßt uns freundlich aber kalt. Der Campground hat warme Duschen, die wir bereits am Vorabend in Anspruch genommen hatten. Auch ordentliche WCs im warmen Gebäude sind willkommen, da sie nicht jeden Tag selbstverständlich sind.

Der Campwart ist ein Angehöriger der First Nation - ein junger Mann, der in Begleitung seiner kleinen Tochter auf dem Platz wirtschaftet. Wir schenken der Kleinen ein Schokoladentäfelchen. Sofort packt sie die Schokolade mit Begeisterung aus und beißt hinein. Der Vater mahnt sie: "What you are saying?" "Thank you!", sprudelt sie heraus. Wahrscheinlich stammen sie aus Kakisa, einer kleinen Siedlung von Ureinwohnern einige Kilometer südlich vom Campground.

Auf dem Weg zurück zum Mackenzie Highway passieren wir ein Gelände der Gemeinde Kakisa, welches aus einem Richtfunkmast und einer Mülldeponie besteht. Die Mülldeponie interessiert uns, da wir noch auf der Suche nach einem speziellen Souvenir sind - einem abgelaufenen KFZ-Nummernschild aus den Nordwest-Territorien. Die Deponie ist sogar nach Müllkategorien sortiert und es gibt sogar ein Abwasserbecken mit der lustigen Bezeichnung "Sewer Lagune". Aber alte Fahrzeugkennzeichen finden wir leider nicht und fahren weiter.

Der nächste Halt auf dem Mackenzie Highway ostwärts ist ein Halteplatz mit Fernblick über die endlose Taiga nach Norden, wo sie irgendwo an den Great Slave Lake grenzt. Der zweite Halt ist die McNally Creek Picknick Area. Hier bildet der an sich recht unscheinbare McNally Creek einen recht eindruckvollen Wasserfall, welcher in einen Felsenkessel hinabstürzt. Dieser Kessel ist ein Ergebnis der errosiven Kraft des Wassers und setzt sich als kleiner Canyon fort. Ein kurzes Verweilen und ein paar Fotos sind hier obligatorisch.

Weiter gehts nach nach Enterprise, einem Ort, welcher es nicht wert wäre, erwähnt zu werden, wenn er nicht von verkehrstrategischer Bedeutung wäre. Die Bedeutung liegt in der Lage des Ortes am Abzweig des Highways nach Hay River, der zweitgrößen Stadt in den Nordwest-Territorien. Enterprise als Ort zu bezeichnen, ist allerdings schon eine Übertreibung. Im Bereich der großzügig angelegten Straßenverzweigung sieht man vor allem den riesigen Schotterplatz mit der Tankstelle. In Richtung Norden liegt die Station der Highway Police. In südlicher Richtung liegen verstreut Baracken eines Arbeitscamps - vielleicht für den Straßenbau oder eines Minenunternehmens. Noch ein paar einzelne Privathäuser sind abseits der Hauptstraße hinter der Tankstelle zu sehen. Nachdem Tanken biegen wir nach Norden, in Richtung Hay River.

Unsere Absicht ist es, bis nach Fort Resolution zu fahren, um dort denn äußersten per Straße erreichbaren Punkt der südöstlichen Küste des Great Slave Lake zu besuchen. Von nun an befinden wir uns in einem System von Sackgassen. Bis Hay River sind es 40 km, bis Fort Resolution sind es 185 km und bis Fort Smith gar 300 km.

Zuerst aber wollen wir nach Fort Resolution, zweigen kurz vor Hay River nach Osten ab und befahren den Highway 6. Unsichtbar hinter der undurchdringlichen Taiga verläuft im Norden die Küste des Great Slave Lake. Als wir den Abzweig nach Fort Smith errreichen, beschließen wir, ein Stück in diese Richtung nach Südosten zu fahren, nur um auch mal diesen Abschnitt besucht zu haben und um auf diesem Abstecher ein Mittagspicknick abzuhalten. Es ist der Highway 5, auch Fort Smith Highway genannt und er führt in den Wood Buffalo Nationalpark.

Nach den ersten Kilometern sehen wir einen Pickup-Camper von Fraserway am Straßenrand stehen. Es ist das gleiche Modell wie Unserer. Er hat Warnblinker an und es ist niemand am oder im Fahrzeug zu sehen. Wir fahren weiter und finden nach kurzer Fahrt einen Stichweg in den Wald, wo wir an einem kleinen See unser Mittag abhalten können. Die Stelle gefällt uns, so dass wir uns vornehmen, auf dem Rückweg hier zur Nacht heran zu fahren. Die Abgeschiedenheit dieses Platzes dürfte für die Nordlichtbeobachtung perfekt sein. Nach einer ausgedehnten Mittagspause fahren wir zurück zum Highway 6, sehen wieder den Camper mit Warnblinker am Straßenrand und biegen dann in Richtung Fort Resolution ab.

Diese Fahrt ist landschaftlich eher eintönig, aber das wussten wir vorher. Zwischen Pine Point und Little Buffalo River geht der Highway irgendwann in eine Schotterpiste über und ist geprägt von Straßenbauarbeiten. Kurz vor Fort Resolution gibt es wieder Asphalt. Alsbald rollen wir in den Ort und der Highway verliert sich in den im Rechteck angeordneten Townchip-Straßen. Unmittelbar an den Gestaden des Great Slave Lake bei einem Gemeindehaus der First Nation geht er in einen Dorfweg über. Wir fahren noch bis zum Flugplatz von Fort Resolution weiter und wenden dann.

Am Great Salve Lake halten wir und schlendern den Strand ab. Der Himmel über dem See ist bewölkt. Zwischen dramatisch anmutenden Schauerwolken schaut blauer Himmel hervor und die Sonne gleißt. Bis zum Bootshafen laufen wir und kehren dann wieder um. Damit erschöpft sich unser Besuch in Fort Resolution fast, aber noch nicht ganz. Auf der Fahrt zurück halten wir an einem privaten Schrottplatz und kommen auf die Idee, nach einem abgelaufenen KFZ-Nummernschild zu fragen. Es ist aber nur ein Junge da, der telefonisch mit seinem Vater in Verbindung tritt und uns dann für 10 Dollar eine alte "Licence Plate" der Nordwest-Territorien in Form eines Eisbären verkauft. Dann gehts es zurück.

Es schauert immer wieder und gleichzeitig bricht auch die Sonne immer wieder durch. Dies produziert unweigerlich Regenbögen, von denen wir auch einen fotografisch eingefangen haben. Inzwischen sind einige Stunden vergangen, als wir wieder in den Fort Smith Highway einbiegen. Der Camper mit dem Warnblinker steht immer noch dort und wirkt verlassen. Wir halten an und schauen, ob irgendeine Hilfe benötigt wird. Aber weder Rufe noch Klopfen werden erwidert. Das Fahrzeug scheint verlassen zu sein. Also fahren wir weiter bis zu unserer auserkorenen Übernachtungsstelle.

Hier genießen wir den Sonnenuntergang und die blaue Stunde. Etwas gruselig wird es schon. Wir sind sehr weit weg von jeglicher Zivilisation und der umgebende Waldrand auf der relativ kleinen Lichtung ist nah und düster. Auch das Lagerfeuer gibt da nicht das ausreichende Sicherheitsgefühl, welches man gern hätte.

Doch die nun wieder aufflackernden Nordlichter lassen das Gefühl der Unsicherheit in der Wildnis schnell schwinden - erstaunlicherweise ist dies eine sich wiederholende Erfahrung. Und die Nordlichter nehmen Fahrt auf. Sie werden zunehmend stärker und prächtigen und vereinnahmen bald wieder das ganze Himmelszelt. Neben dem Fotoapperat, der fleißig über eine Zeitsteuerung auf dem Stativ seine Arbeit verrichtet, bestaunen wir die Lichtershow. Irgendwann sind wir gesättigt und ziehen uns in den Camper zurück. Der Fotoapperat darf weiterarbeiten. Selbst vom Bett aus durch die getönten Fenster des Campers sind die tanzenden Nordlichter noch gut zu erkennen und wiegen uns als Himmelskarussell in den Schlaf.

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