Montag, 9. Oktober 2017

Von Edmonton durch den Nordwesten - Edmonton und das Finale der Reise

R&G

Der Rainbow Valley Campground erwies sich als ein absolut ruhiger Platz, obwohl er eigentlich mitten in der Stadt Edmonton liegt. Doch leider können wir keine zweite Nacht hier bleiben, denn heute schließt er wegen des Saisonendes.

Für die letzte Nacht im Camper haben wir uns also einen anderen Platz empfehlen lassen. Er heißt Shakers Acres und ist ein privater Campground und Trailerpark mit Full-Hockup-Stellplätzen. Das ist insofern von Vorteil, weil wir dann keinen Extrastopp für das Dumpen einlegen müssen.



Gemäß unseren Plänen für den heutigen Tag fahren wir nach den morgendlichen Verrichtungen und dem Frühstück direkt zur West-Edmonton Mall. Diese Einkaufs- und Vergnügungswelt unter Glaskuppeln wurde in verschiedenen Reiseprospekten gerühmt.

Die Anfahrt führt mitten durch das mehrspurige Straßengewirr von Edmonton, doch die Verkehrsdichte ist erträglich und wir lassen uns vom Navi leiten.

Eine Herausforderung ist es, einen Parkplatz zu finden, auf dem ein Fahrzeug mit unserer Höhe einfahren kann, denn die Mehrzahl der in mehreren Ebenen gebauten Parkdecks sind nur für PKW zugelassen und haben Höhenbegrenzungen. Doch schließlich finden wir einen geeigneten Parkplatz, wo auch andere Wohnmobile und große Pickups stehen. Dementsprechend nehmen wir den naheliegendsten Eingang in diese "Stadt unter Glas".

Dieser Seiteneingang führt uns dann auch in einen Bereich der Mall, wo eine Art Vergnügungspark mit Fahrgeschäften eingebaut ist. Achterbahnen, Karussels und diverse Rummelattraktionen sind hier in mehreren Hallen in Aktion. Wir schlendern kurz hindurch, um mal zu schauen, aber ansonsten interessiert und der Vergnügungspark eher weniger.














Zudem ist das Rattern der Fahrgeschäfte in den geschlossenen Hallen doch extrem laut. Aber diese Attraktionen finden offensichtlich durchaus ihre meist jugendlichen Liebhaber, und das, obwohl es noch recht früher Vormittag ist.

Nachdem wir diesen Bereich durchlaufen haben, wechseln wir in die eigentliche Shoppingmall. Sie ist durchaus vergleichbar mit ähnlichen Einkaufsparks in Deutschland, nur ist sie sehr weitläufig und groß angelegt.

Die unterste Ebene beinhaltet zumeist größere Läden mit mehr Kundenzulauf, während in den oberen Ebenen Gastronomie und Edelboutiquen untergebracht sind. Aber es sind auch hier Einrichtungen mit Unterhaltungscharakter zu finden, wie ein Kino und sogar eine Spielautomatenhalle.

Charakteristisch für ein Shoppingcenter, welches ein Herausstellungsmerkmal bieten will, ist die Plaza, also der repräsentative Zentralbereich.

Doch in der West-Edmonton Mall hat man sich nicht mit einer Plaza begnügt, sondern man hat eine Wasserlandschaft mit Piratenschiff ins Zentrum der Einkaufsstadt gebaut.

Hier kann man nun enspannt herumschlendern, oder von der umlaufenden Galerie das Geschehen im Zentrum der gigantischen Halle verfolgen. Und das besteht nicht nur aus der arrangierten Wasserlandschaft, sondern auch aus Shows, die hier stattfinden.

Wir verfolgen von oben eine ganze Weile eine Tiershow mit Robben.

Dann steuern wir ein Ziel an, welches wir zum Zweck eines speziellen Souvenirkaufes vorab schon eingeplant hatten. Es ist ein recht spezieller Laden namens "Westedmonton Coins & Stamps", also ein Geschäft für Numismatiker und Philatelisten - nein nein, das ist nichts Anzügliches, das sind Münz- und Briefmarkensammler.

Aber dieses spezielle Geschäft scheint ganz generell auf Sammler aller Couleur eingestellt zu sein, denn es gibt hier nicht nur Münzen und Briefmarken, sondern alles was man sonst so sammeln kann, Superheldenfigürchen, Comics, Star-Wars Devotionalien und dergleichen mehr.

Wir interessieren uns für eine spezielle Münze mit einem Nordlichter-Motiv. Am Ende bekommen wir sie und kaufen gleich noch einige mehr, denen wir beim Stöbern und Betrachten sogleich verfallen sind.

Danach streifen wir weiter durch die Einkaufstadt und entdecken sogar eine Badewelt unter Glass, in die man durch eine breite Glasfront von einer der Einkaufspassagen hinein sehen kann.



Doch langsam spüren wir sowohl die Beine als auch den Magen. Es ist Zeit für ein Mittagessen.

Da wir bei unserem Rundgang auch durch eine chinesische Passage gekommen sind - eine Art Chinatown in der Einkaufsstadt mit chinesischen Läden und Gastronomie, schauen wir uns dort um.

In einem chinesischen Supermarkt voller exotischer und zuweilen suspekt wirkender Lebensmittel ist auch ein Selbstbedienungsbüffet eingerichtet, das nach einem interessanten Prinzip funktioniert. Man kann auf leichten Plastiktellern alles auftun, was man will und sich sein Mahl frei zusammen. Das ganze wird an der Kasse einfach gewogen und nach Gewicht bezahlt. Hinter der Kasse ist eine Zone mit Tischen und Stühlen, wo man dann seine individuelle chinesische Mahlzeit zu sich nimmt.

Nach dem Essen ist der Bauch zwar beschwichtigt, aber die Beine leider nicht. Eher umgekehrt, ein voller Bauch macht träge.

Dennoch erkunden wir die Mall noch weiter und während die Dame die eine oder andere Boutique erkundet, schwächelt der Herr.
In einem kleinen, von Chinesen betriebenen Gold- und Schmuckgeschäft gibt es noch eine Kleinigkeit für die Dame und es kommen im  Laufe einer weiteren Stunde noch andere Geschenke zusammen.

Irgendwann sind wir von der Westedmonton Mall übersättigt und ruhen uns an der Wasserlandschaft im Zentralbereich noch etwas aus. Dann schlendern wir durch den Themenpark mit den Fahrgeschäften zurück zum Parkplatz, wo wir mit dem Verstauen unserer Mitbringsel im Wohnmobil noch ein Weilchen beschäftigt sind.

Schließlich gehts wieder raus ins Straßengewirr von Edmonton und vor die Stadt in Richtung Westen.


Unser Ziel ist ein privater Trailerpark als Stellplatz für unsere letzte Nacht.

Trailerparks sind nicht unbedingt Campingplätze in schönster Natur, aber sie sind mit allen Festanschlüssen ausgestattet, sodass die dauercampenden Bewohner hier, wie in einem festen Haus Strom und Wasser, ja sogar Kabelfernsehen und einen eigenen Briefkasten haben können.

Für uns ist vor allem der feste Abwasseranschluss von Interesse, denn so brauchen wir morgen keine Dumpstation ansteuern.

Was ein Extra-Dump bedeutet hätte, verdeutlicht das Video rechts:

So aber genießen wir großen Komfort, wenngleich wir hier zwischen riesigen Wohntrailern stehen und keinen besonderen Ausblick genießen können.

Beispiel eines Trailerparks - Foto: Internet
Aber es ist schon interessant, mal auf so einem Trailerpark, oder RV-Park, wie er in Kanada auch genannt wird, zu stehen. Denn das ist die dauerhafte Wohn- und Lebensform für Millionen von Amerikanern.

So genießen wir den Abend im Inneren unseres Pickup-Campers mit einer letzten Flasche Rotwein, bulliger Wärme und unbegrenzt Strom und Wasser, bevor wir uns zur Nachtruhe begeben. Und in der Tat schwillt auch der Lärm vom nahen Highway so langsam ab und Stille kehrt auf dem Platz ein. Beim Blick aus dem Fenster sieht man nur das Flimmern der Fernseher in den großen Wohntrailern rings um uns und wir schlummern sanft ein letztes Mal in unserem Schlafalkoven ein.

Am nächsten Morgen jedoch werden wir vom Brummen der Trucks auf dem Highway geweckt und sachliche Aufbruchstimmung macht sich breit. Die wesentlichen Vorbereitungen zum Sachen packen haben wir schon getroffen, sodass nur Morgentoilette und Frühstück uns aufhalten.

Vorbereitung zum Packen bedeutet, dass wir alles schnell in die Koffer tun können, denn die sind beim Wohnmobilverleiher Fraserway deponiert. Und genau dorthin starten wir alsbald.

Bis dort sind es immerhin etwa 50 Kilometer. Unterwegs betanken wir unseren Camper ein letztes Mal. Den nagelneuen Ford F350 möchte man gar nicht wieder abgeben, doch es hilft nichts.

Bei der Fraserway Station in Edmonton läuft alles locker ab, doch das Koffepacken und einige Formalitäten nehmen schon noch mehr als eine Stunde in Anspruch. Dennoch sind wir deutlich zu früh am Airport, befördert von einem Shuttlebus des Wohnmobilvermieters.

Nun heißt es warten auf unseren KLM-Flug.

Im Abflugbereich des Edmonton International Airport Nisku gibt es Lounges, in denen man die Zeit bis zum Boarding überbrücken kann, aber wer ein Bier trinken will, der sei gewarnt.

Wie in Skandinavien, ist in Kanada Alkohol generell teuer. Beim Ausschank in der Gastronomie wird es nochmal teurer und weil wir hier im Abflugbereich sind, ist es nochmals extra teuer. Doch was soll's, wir probieren dann doch einige Bierspezialitäten, bis es soweit ist, zum Flugsteig zu gehen.

Rückflug und Heimfahrt bilden ein notwendiges Übel und ziehen sich dahin. Doch die Reise ist eigentlich schon zuende - mit Wehmut schauen wir zurück und lassen uns vom Alltag zuhause wieder einfangen.

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Sonntag, 8. Oktober 2017

Von Edmonton durch den Nordwesten - Western Eisenbahn und Rainbow Valley

R&G

Der nächste Tag beginnt frostig. Dabei ist der Himmel noch nicht einmal klar.

Unser Plan für die verbliebenen zwei Tage vor der Rückgabe des Campers sieht nun so aus: Wir fahren heute noch näher an Edmonton heran und verbringen den Rest des Tages an einem naturnahen Ort, aber gleichzeitig nahe genug bei Edmonton, um am Tag darauf in sehr kurzer Zeit in die Stadt fahren zu können. Wir würden also morgen gleich früh zur West-Edmonton Shopping Mall fahren und uns nach Souveniren und sonstigen Konsumgütern umsehen und mal schauen, wie die Kanadier so shoppen und die Freizeit verbringen.



Also starten wir nach dem Frühstück und fahren zuerst auf der Range Road bis Whitecourt. Die Temperaturen liegen um 0°C und man sieht Reif.

Ab Whitecourt fahren wir auf dem Highway 43 ostwärts.Auch dieser Highway ist nun vierspurig. In der Gegenrichtung - also westwärts führt er über Grande Pairie weiter bis Dawson Creek, wo er den Anschluss an den dort beginnenden Alaska Highway bildet.


Nach einer geraumen Zeit auf dem doch recht eintönigen Highway erreichen wir Mayerthorpe und etwas später, bei Rochfort Bridge taucht am Horizont ein imposantes Bauwerk auf. Es ist eine gigantische Holzbalkenbrücke der Canadian National Railroad.

Wir hatten das gar nicht mehr auf dem Schirm, obwohl wir im Vorfeld der Reise durchaus daran dachten, auch mal ein solches gigantisches Konstrukt zu besichtigen. Jetzt aber führt der Highway direkt darunter hindurch und wir biegen unmittelbar an der Brücke seitlich in eine Schotterstraße, um das Bauwerk aus der Nähe zu bewundern. Aber das ist leichter gesagt als getan.


Denn aufgrund ihrer schieren Länge kann man sie nun kaum mit einem Blick erfassen. Es scheint, dass sie sich von Horizont zu Horizont erstreckt.

Es gab eine noch größere Holzbrücke bei Lethbridge, die aber im April 2016 einem infernalen Feuer zum Opfer fiel.

Diese Brücke wurde zwar binnen kürzester Zeit wieder aufgebaut, aber nicht mehr in der klassischen Holzbalkenbauweise. Somit ist jetzt vermutlich diese Brücke bei Mayerthorpe, vor der wir nun stehen, die größte verbliebene Holzbalkenbrücke Kanadas. Leider tut uns der Fahrplan der Canadian National Railways nicht den Gefallen und schickt uns keinen Zug vorbei in der Zeit, wo wir hier verweilen.


Aber es ist die perfekte Gelegenheit, nochmals die Drohne steigen zu lassen, um dieses gewaltige Konstrukt aus der Vogelperspektive aufzunehmen. Das Ergebnis ist hier zu bewundern:



Irgenwann geht es dann aber weiter und wir verlassen schon bald den Highway 43, um nach Süden zum Wabamun Lake zu fahren. Dort gibt es einen Provinzpark mit Campground, auf dem wir dann die endgültig letzte Nacht in echter Natur verbringen wollen.

Aber schon die Zufahrt zum Wabamun Lake lässt unsere Skepsis steigen. Dort, wo wir an den See kommen, sind die Ufer bebaut und die Straße führt zu einem großen Jachthafen. Nach einiger Irrfahrt finden wir endlich den Provinzpark samt Campground und der liegt zumindest in einem waldigen Abschnitt am See. Doch er ist sehr überlaufen und die Stellplätze sind weitab vom Wasser.

Nach kurzer Beratung sagen wir uns, dass wir auf solcher Weise auch in Edmonton stehen können. Dann hätten wir zumindest eine bessere Ausgangslage für den morgigen Einkaufstag.

Und so entfalten wir den Plan B. Wir fahren nach Edmonton und steuern dort den Rainbow Valley Campground an. Das heißt aber zunächst, wieder zurück zum Yellowhead Highway und dann in Richtung Edmonton zu fahren.

Noch vor Erreichen des Autobahnringes wächst am Horizont die City mit ihren Wolkenkratzern empor. Wir wechseln auf den Autobahnring in südlicher Richtung. Von der City abgesehen, ist Edmonton über eine sehr große Fläche verteilt und dementsprechend von weitläufigen Vororten geprägt, die von Brachflächen unterbrochen werden. Es ist ehemals Prärieland gewesen, auf dem die Stadt entstand, welches hier von dem tief eingeschnittenen Flusslauf des North Saskatchewan River und einiger seiner Nebenflüsse durchzogen wird. In einem dieser Nebentäler dem Rainbow Valley liegt der Campground, den wir nun ansteuern.

Er liegt zwar mitten im Stadtgebiet, aber im Tal ist entlang des Whitemud Creek ein waldartiger Park erhalten geblieben, in dem der Rainbow Valley Campground liegt. Er ist in öffentlicher Hand, so wie die typischen Provinzpark-Campgrounds, doch er ist mit einer gehobenen Infrastruktur wie einem beheizten Sanitärgebäude mit WC und warmen Duschen, sowie WLAN ausgestattet.

Leider gibt es bei der Anmeldung einen Wermutstropfen für uns. Morgen schließt der Campground für diese Saison und wir können nur eine Nacht hier bleiben.

Nachdem wir eingecheckt und unseren Stellplatz belegt haben, machen wir einen kleinen Spaziergang im Rainbow Valley. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Campground befindet sich ein etwas spezieller Kletterwald, der aber auch verwaist ist.

Dann entdecken wir im Geäst eines großen Nadelbaumes einen Virginia Uhu - eine Great Horned Owl. Eigentlich sind es sogar zwei, aber einer der beiden nachtaktiven Raubvögel schien direkt für ein Foto zu posieren.


Jedoch hat die große Eule hier auf Dauer keine Ruhe. Nicht wegen uns, sondern ausgerechnet wegen eines Baumhörnchens, welches am gleichen Baum herumkletterte und durch lautes Fiepen und am Stamm herum rennend, diesen für sich beanspruchte.

Eigentlich würde der kleine Nager sogar ins Beuteschema des Virginia Uhu passen, doch dessen Jagdstrategie ist auf das Schlagen von Beute am Boden ausgerichtet, sodass er gegen das Eichhörnchen nichts machen kann und schließlich entnervt davon fliegt - nur einige Bäume weiter, wo er sich abermals niederlässt. Nun ist er aber für unsere Kamera nicht mehr gut sichtbar und wir schlendern schließlich weiter.





An einer Zufahrt in das Rainbow Valley hält eine Stretched Limousine auf dem Parkplatz und eine Hochzeitsgesellschaft entsteigt ihr für ein Fotoshooting im Grünen.

Die Fotografin lässt mal die Braut mit Brautjungfern, mal den Bräutigam mit seinen Freunden in verschieden Posen Aufstellung nehmen und arrangiert sie für verschiede Fotos. Wir beobachten das ein Weilchen und folgen dann dem Flusslauf des Whitemud Creek.

Die Sonne steht schon tief. Wir haben keine Lust mehr aufs Fotografieren und spazieren einfach den Weg entlang. Die Hochzeitsgesellschaft wird sicher im Abendlicht ganz tolle Fotos zustande bekommen.

Je weiter wir am Whitemud Creek vom Parkplatz wegkommen, umso mehr sieht es aus, als seien wir in der Taiga im Norden. Sogar der Gedanken an Bären kommt auf, aber dass ist hier im Großraum von Edmonton wohl nicht zu erwarten.

So bleibt es bei einem locker-entspannten Spaziergang der etwas Skurriles hat, wir sind in der Taiga und doch in einer Großstadt.


Schließlich schlendern wir völlig entspannt zurück in Richtung Campground. Wir sehen gerade noch die Stretched Limo mit der Hochzeitsgesellschaft davon brausen und erreichen wenig später den Campground im Tannengrund. Wir wollen noch unsere Holzvorräte, die wir in einem Staufach des Campers mitgeführt hatten, verbrennen. Morgen wird es vermutlich keine Möglichkeit dazu geben.

Die außergewöhnliche Lage des Campgrounds zeigt auch das nachfolgende Drohnenvideo:



Da unser Holzvorrat recht ordentlich ist, brennt unser Feuerchen bis tief in die Nacht und wir müssen uns schon gut in Decken hüllen, um die Kälte nicht durchdringen zu lassen. Als wir uns in Wohnmobil zurückziehen, ist es schon tiefste Nacht.

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Samstag, 7. Oktober 2017

Von Edmonton durch den Nordwesten - ein letztes Mal in der großen kanadischen Taiga

R&G

Der nächste Morgen ist überaus freundlich, aber frisch. Am ansonsten blauen Himmel ziehen Schleier aus Federwolken, die die Sonne etwas abschwächen. Aber sonst kann man von einem sonnigen Tagesbeginn sprechen.

Jetzt ist auch der Wildhorse Lake gut zu überblicken und das Bergpanorama hinter ihm auch. Ein überaus malerischer Fernblick, den wir nach dem Frühstück gern noch etwas genießen.

Denn heute erwartet uns eine eher ereignisarme Fahrt. Sobald wir die Rockies verlassen haben werden, wird es durch gediegenes Flachland gehen, zuerst durch Wälder, aber dann auch zunehmend durch Farmland. Auf dem Rückweg nach Edmonton wollen wir eine Zwischenetappe einlegen, um nicht am Ende der Reise eine extrem lange Etappe zu haben. Doch hier wird es schwierig, ein interessantes Zwischenziel zu finden. Letztendlich wählen wir den Carson-Pegasus Provinzpark, der nordwestlich vom Großraum Edmonton liegt.

Dieser Provinzpark liegt an einem See in einer waldreichen Gegend, wo man nicht von eintönigem Farmland umgeben ist und er hat einen Campground. Wir finden: das ist ein geeignetes Tagesziel.



Bevor wir zum Yellowhead Highway hinausfahren, stoppen wir gleich hinter dem Campground am Bootslaunch des Wildhorse Lake.

Der freundliche Himmel und das malerische Bergpanorama eröffnen uns noch einmal wunderschöne Fotoperspektiven. Die Bootsrampe, an dem sonst Besucher des Campgrounds ihre Boote zu Wasser bringen können, ist absolut verwaist. Auch auf dem See oder an dessen Ufern sind keine Menschen zu sehen. Die Angelsaison scheint auch hier zu Ende gegangen zu sein.

Nach einigen Minuten im Angesicht der herbstlichen Melancholie am Seeufer steigen wir wieder in den Camper und fahren die Schotterstraße zurück zum Highway.


Hier gehts erstmal weiter nordostwärts und die Kulisse der Rockies säumt vorerst noch unseren Weg. Doch langsam öffnet sich die Landschaft und die schrofferen Gipfel treten in die Ferne zurück.

Der Yellowhead Highway wird nun vierspurig und autobahnähnlich. Jedoch gibt es nach wie vor nur sehr wenig Verkehr und er erlaubt somit eine entspannte Fahrt. Wir erreichen schon bald die Stadt Hinton.

Hinton versteht sich als Tor zu den Rockies und hat eine ansehenliche Visitor Information. Da bereits das Ende der Reise naht und wir schon jede Menge Fotos zum Posten ausgesucht haben, kommt uns die Gelegenheit entgegen, hier WLAN nutzen zu können. Wir hängen also eine lange Zeit in diesem Besucherzentrum ab, bevor wir weiter fahren.


Von nun an sehen wir die Rockies nur noch im Rückspiegel und zunehmend am Horizont kleiner werdend.

Zuerst ist es ein hügeliges und noch vornehmlich bewaldetes Vorland des Hochgebirges im Westen, welches wir durchfahren.

Doch dieses Bild wird zunehmend von Farmland abgelöst. In Edson verlassen wir den Yellowhead Highway, welcher nun dem Großraum Edmonton zustrebt und bereits merklich mehr Verkehr aufweist.

Wir fahren nun auf dem Highway 32 nach Norden weiter, um nochmal in eine weniger besiedelte waldreiche Region zu kommen.

Vor Whitecourt sind wir dann tatsächlich wieder in vornehmlich bewaldeten Gegenden, allerdings sind deutlich durchforstete Baumbestände zu sehen. Hier ist also die Forstwirtschaft in großem Stile aktiv und die Wälder haben Monokulturcharakter. Weniger durchmischte Wälder, stattdessen schnell wachsenden Arten, wie Kiefern dominieren das Bild.

Bis zum Carson-Pegasus Privinzpark ist es nun nicht mehr weit. Von Whitecourt sind es noch etwa 20 Kilometer nordwärts und wir erreichen den Campground. Er hat noch nicht geschlossen und er besitzt ein Anmelde-häuschen, welches sogar noch besetzt ist. Einen der freien Stellplätze können wir uns aussuchen und kehren dann zur Anmeldung zurück.

Wir haben uns für einen Platz mit offenen Blick über das Wasser entschieden, claimen ihn und gehen zu Anmeldung, um unseren Obulus zu bezahlen.

Den Platz haben wir entsprechend gewählt, weil der Ausblick über den offenen See nach Norden geht, was einer abendlichen Nordlichtbeobachtung zuträglich wäre. Aber es ist auch sehr windig und es bläst direkt vom See eine steife kalte Brise direkt in unseren Stellplatz hinein. Erst beim Aufstellen der Campingstühle wird uns klar, dass es unmöglich sein wird, gemütlich am Feuer zu sitzen, bei so starkem Wind. Wir würden selbst in Decken gehüllt in kurzer Zeit durchfroren sein.

Am Ende entschließen wir uns also doch noch, den Platz zu wechseln und gegen einen windgeschützteren einzutauschen. Korrekterweise (wie wir Deutschen so sind) gehen wir nochmal zur Anmeldung, um über unsere neuen Stellplatznummer zu informieren, doch da ist die Holzbude schon abgeschlossen - Feierabend!

Aber unser neuer Platz ist nun deutlich geschützter, obwohl auch hier noch der Wind gut zu spüren ist. Einen Drohnenflug wollen wir daher nicht riskieren, obwohl der Blick von oben sicher recht aufschlussreich gewesen wäre. Schließlich erstreckt sich der Campground teilweise auf einer Landzunge, die in den See hinein ragt. Bleibt eigentlich nur der obligatorische und auf dieser Reise vielleicht letzte Abend am Lagerfeuer.

Bevor wir ein Feuer entfachen, machen wir noch eine Spaziergang um die kleine Halbinsel herum. Wir kommen dabei an einem Bootslaunch und an einem Anleger aus Pontons vorbei, doch auf dem See sind keine Boote mehr. Bei diesem schneidend kalten Wind kein Wunder. Lediglich eine Familie mit Angelzeug kommt uns am Ufer entgegen.

Es ist unverkennbar: Der Herbst ist langsam dabei, das Zepter an den Winter zu übergeben.

Foto: Internet
 Auf dem Campground selbst sind dennoch nicht wenige Stellplätze besetzt. Bei einigen sieht man warm eingemummelte Besucher um das Lagerfeuer herum sitzen, andere scheinen sich in ihre Wohnmobile oder Zelte zurückgezogen zu haben. Faszinierend sind dabei die klassischen kanadischen Hauszelte mit Holzofen, welche recht häufig zu sehen sind und scheinbar sogar für ein Wintercamp geeignet sind.

Wir beschließen unserere Runde, indem wir durch den herbstlichen Wald zurücklaufen zu unserem Stellpatz. An einer knorrigen Espe üben wir "Baumflüstern" und als wir zum Wohnmobil zurück gekommen sind, machen wir bei einsetzender Dämmerung noch ein kurzes Lagerfeuer.

Doch schon bald empfinden wir die Kälte als ungemütlich, lassen das Feuer ausbrennen und ziehen uns in den Camper zurück. Der bedeckte Himmel nimmt uns jede Hoffnung auf ein nächtliches Nordlicht-spektakel und so begeben wir uns in die Koje und lassen uns vom Wind, der gut hörbar draußen in den Baumkronen rauscht, in den Schlaf wiegen.

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