Samstag, 30. September 2017

Von Edmonton durch den Nordwesten - Yellowhead Highway und noch mehr indigene Kultur

R&G

Obwohl die Nacht bereits einen klaren Sternenhimmel gezeigt hatte, sind gegen Morgen die Berge wieder wolkenverhangen.

Vielleicht sind es ja die Berge selber, die aus ihren regennassen Wäldern dicke Nebelschwaden aufsteigen lassen und so den Himmel über uns verhüllen.

Nach dem Frühstück im kuscheligen Wohnmobil sind wir alsbald zur Weiterfahrt bereit. Es gilt nun, den gleichen schlammigen Waldweg mit seinen riesigen wassergefüllten Löchern zu passieren. Aber auch auf dem Rückweg meistern wir das problemlos. Regenschwer hängen Birkenzweige in den Fahrweg, aber die drückt der Pickup-Camper problemlos zur Seite. Wenige Minuten später sind wir wieder auf dem Nisga'a Highway und rollen in Richtung Terrace.

Es sind nun etwa 60 Kilometer bis Terrace, welches ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt hier im nordwestlichen British Columbia ist. Doch schauen wir uns zuerst den Etappenplan für den heutigen Tag an.



Die heutige Tour wird wieder in starkem Maße den Zeugnissen indigener Kulturen gewidmet sein. Doch zuerst werden wir in Terrace tanken und dumpen. Dann schwenken wir auf Nordost und folgen dem Yellowhead Highway, der sich hier einen Straßenabschnitt (und die Nummerierung) mit unserem alten Bekannten, dem Stewart-Cassiar-Highway (37) bis Kitwanga teilt.

In Kitwanga machen wir einen Abstecher nach Norden zu einigen historischen Stätten bis nach Gitanyow. Schließlich kehren wir zurück zum Yellowhead Highway (16) und fahren nach Osten bis Hazelton. Hier wollen wir auf dem Campground beim Museumsdorf der Ksan die Etappe beschließen.

Doch zuerst steuern wir Terrace an. Diese Stadt ist die letzte größere Stadt am Yellowhead Highway, bevor dieser in Prince Rupert am Pazifik, genauer an der Hecate-Straße zum Queen-Charlotte-Sund endet, der durch die Haida-Gwaii-Inseln vom offenen Pazifik getrennt ist.

Parallel zum Yellowhead Highway führt auch eine Bahnlinie zur Pazifikküste und genau wie dieser, kommt sie über die Rockies aus Edmonton, Alberta.

Gleichzeitig führen von Terrace der Nisga'a Highway nach Norden und der Kitimat-Highway, der sich in der Verlängerung des Stewart-Cassiar-Highway ebenfalls der Nummer 37 bedient, nach Süden.

Dass die Stadt ein so bedeutsamer Verkehrsknotenpunkt ist, merkt man sofort am Verkehr. Doch wir verfolgen in der Stadt ein klares Ziel und folgen den Schildern zur Visitor Information, wo wir ganz wie erwartet eine Dumpstation vorfinden und Frischwasser aufnehmen.

Zum Tanken fahren wir einfach auf der Ausfallstraße zur Stadt hinaus und sehen am Stadtrand genügend Tankstellen, von denen wir eine erwählen. Damit lassen wir Terrace hinter uns und folgen dem Yellowhead Highway ostwärts.

Nach etwa einer Stunde entspannten Gleitens durch die eindruckvolle Landschaft entlang des Skeena River erreichen wir Kitwanga (Gitwangak). Hier trifft das südliche Ende des Stewart-Cassiar-Highway auf den Yellowhead-Highway und wären wir gestern nicht in die Nisga'a Road abgebogen, wären wir von Norden kommend hier angelangt. Doch nun biegen wir genau hier wieder nach Norden, um einige historische Stätten im traditionellen Siedlungsgebiet der Gitxsan und Gitanyow zu besichtigen.

Unser erster Halt gilt der Ansammlung von Totempfählen in Kitwanga (Gitwangak). Diese sind gut vom Highway aus zu sehen, befinden sich aber in einer Seitenstraße (Townchip Road) am Rande des Ortes.



Im Ort scheint aber ein Treffen stattzufinden, vielleich sogar ein Potlatch. Entlang der Reihe von Totempfählen parken viele Autos zu beiden Seiten der Straße und es kommen immer mehr dazu. Ihnen entsteigen Familien, die teilweise recht festlich gekleidet sind.

Wir finden mit Mühe einen Platz zum Parken und schlendern dann an den Totem Poles entlang.

Die Stelen sind ganz offensichtlich keine modernen Nachbildungen, sondern alte, zum Teil sehr verwitterte Clanwahrzeichen. Sie stellen die Symbole, Geschichte und Persönlichkeiten eines Familienverbandes dar und niemals eines ganzen Volkes oder Stammesverbandes. Daher finden sich an den traditionellen Siedlungsplätzen meist ganze Galerien von Totempfählen.


Der Ort selbst und die verstreut liegenden Bungalows wirken aber im Vergleich zum Nisga'a-Ort New Aiyansh ärmlicher. Dennoch ist seine Lage am Skeena River mit den umgebenden Bergpanoramen sehr malerisch.

Auch der Himmel scheint wieder aufreißen zu wollen, obwohl die bizarren Wolkenformationen und in den Bergen hängenden Nebelfetzen es an Dramatik nicht mangeln lassen.

Wo immer die Zusammenkunft der Familien stattfindet, es ist offensichtlich nicht die anglikanische St.Pauls Kirche im Ort, denn diese steht verwaist als malerische Kulisse vor den Bergen im Norden.

Und genau dorthin fahren wir nun weiter. Auf dem Highway 37 nordwärts liegt etwas mehr als 10 Kilometer entfernt der Ort Gitanyow (ehemals Kitwancool), der etwas abseits des Highway ebenfalls eine beeindruckende Parade an Totempfählen aufweisen soll.

Die kurze Strecke bis Gitanyow gibt uns nochmal das Wildnisgefühl des Highway 37 zurück, bis wir zu der kleinen Reservatssiedlung abbiegen.

Obwohl der Ort nicht sehr groß ist, verfehlen wir die Stelle mit den Totems erstmal und müssen eine Ehrenrunde durch die mit Wohnhäusern gesäumten Straßen fahren.

Ganz offensichtlich teilen die First Nation People nicht die Affinität des weißen Mannes für gepflegte Vorgärten. Die Grundstücke um die Bungalows herum machen einen wüsten Eindruck aufgrund des massenhaft herumliegenden Gerümpels. Dieses Reservat erfüllt gänzlich die Klischees über indianische Siedlungen, wie sie Hollywood in Filmen wie Wind River pflegt.


Nachdem wir uns nach dem Weg erkundigt haben, finden wir die Totems neben der örtlichen Tankstelle.

Die Ansammlung der hölzernen Wahrzeichen ist beachtlich und es stehen sogar zwei Häuser im Langhaus-Stil im Hintergund. Eines scheint eine Ausstellung zu beherbergen und das andere sieht wie eine Werkstatt aus. Aber beide Häuser sind verschlossen.


Aber es gibt auch außen herum viel zu sehen und der Variantenreichtum bei den Totems lässt uns staunen.

Es gibt sogar eine kleinere Stele aus behauenem Stein, wovon wir zuvor noch nie was gehört haben. Auch sehen wir Infotafeln, die aber wohl von der Provinzverwaltung British Columbias aufgestellt wurden, was aber davon zeugt, dass es ein Bewusstsein für diesen musealen Schatz auch in der Politik gibt.


Als dann noch die Sonne durchbricht und das goldene Laub der Birken im Hintergrund aufleuchten lässt, verwandelt sich der Platz in einen warmen und von Magie geprägten Ort, den wir noch eine geraume Weile genießen.

Auch hier wird ein weiteres mal deutlich, dass die Totempfähle nicht an irgendwelchen entfernt liegenden Ritualplätzen stehen - sie sind auch keine religiösen Wahrzeichen - sondern im Angesicht der Orte, wo die First Nations wohnen, also mitten im Dorf.


Einen weiteren Ort, eine historische Stätte wollen wir als letztes noch besuchen und fahren dazu wieder zurück in Richtung Kitwanga.

Der Blick in südliche Richtung vom letzten Stück des Stewart-Cassiar Highway ist einfach ergreifend. Die Bergkette des Bulkley Range ragt hinter einer Senke auf, in der man den Skeena River und damit den Yellowhead Highway erahnen kann.

Doch bevor wir dort wieder anlangen, finden wir etwas abseits der Straße den Gitwangak Battle Hill.

Es ist eine historische Stätte Kanadas und war einst ein einzigartiges Bauwerk. Heute ist zwar nurmehr ein Grasbewachsener Hügel übrig, doch Schautafeln illustrieren gut, worum es sich handelt und zwar stand hier einst ein Fort. Es war aber kein Fort weißer Siedler, sondern eine befestigte Wohnanlage der Gitxsan, die dieses Bauwerk zur Verteidigung und zur Kontrolle des Handels entlang des Kitwanga River errichtet haben.

Dementsprechend sah das Bauwerk nur auf den ersten Blick einem Fort der Europäer ähnlich. Es bestand aus vier Langhäusern auf der Kuppe des Hügels, die von einer Palisadenbrustwehr umgeben waren. Zur Abwehr von Angreifern ließ man Baumstämme an den Hügelflanken herabrollen und unter den Langhäusern auf dem Hügel gab es Gruben zur Vorratslagerung und als Schutzräume für Frauen und Kinder.







Und Angriffe gab es tatsächlich. Es waren vor allem die weit entwickelten Küstenstämme, die ihre Handelsrouten ausdehnen wollten.

Mündliche Überlieferungen datieren die Festung auf um 1700, weil die Haida auf der Jagd nach Sklaven auf sie stießen.

Beim letzten Ansturm um 1835 durch Tsimshian fiel die Festung und wurde von den Siegern geschliffen oder zumindest ihrer Wehrfähigkeit beraubt.

Steht man auf dem Hügel, kann man auf Anhieb verstehen, warum seine Lage von strategischer Bedeutung war. In einem Bogen vom Kitwanga River umflossen hat man eine Überblick über die umgebende lichte Auenebene.

Doch nun wollen wir weiter fahren und direkten Kurs auf unser Tagesziel nehmen. Das liegt bei New Hazelton und ist noch etwa 40 Kilometer entfernt. Genau genommen heißt unser Ziel Ksan Village Campground und liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Museumsdorf der Ksan am Zusammenfluss von Skeena River und Bulkley River.



Und da die Zufahrt über Hazelton etwas knifflig ist, geben wir dem Navi das Ziel vor und folgen seinen Ansagen.

Nach dem wesentlichen Streckenabschnitt auf dem Yellowhead Highway gehts dann auch bald von der Hauptstraße ab und geradewegs in Richtung Ksan Village.

Doch genau hier führt uns das Navi in eine kuriose Falle, denn auf einmal stehen wir direkt vor dem Museumsdorf mit seinen Langhäusern, nur - zwischen uns und dem Ort liegt der reißende Bulkley River.

Keine Brücke, keine Fähre - die Straße endet am Fluss und wird von Einheimischen als Bootslaunch genutzt. Wir müssen uns nun eine Route suchen, die uns über den Fluss bringt und das erweist sich als gehöriger Umweg über New Hazelton.

Doch trotz dieser Irritation mit dem Navi sind wir relativ zeitig am Platz. Der Campground ist überraschend gut gepflegt und schön gelegen. Er ist auch nicht voll und liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Museumsdorf.


Das erste was wir tun, ist uns anzumelden. Die Preise sind auch nicht überzogen, wie auf so manchen anderen Full-Hookup-Platz. Allerdings gibt es auch Plätze ohne Festanschlüsse und da wird es noch einmal preiswerter. Der Campground ist offensichtlich ein genossenschaftliches Unternehmen der Gitxsan, wie auch das Museumsdorf nebenan.

Nach der Anmeldung und Platzauswahl besichtigen wir noch die Sanitäranlagen und orientieren uns auf dem Platz, bevor wir zu einem Spaziergang aufbrechen. Der Campground liegt am äußersten Zipfel einer Halbinsel, die durch den Zusammfluss von Bulkley und Skeena River gebildet wird und wir haben unseren Stellplatz so gewählt, dass wir mit nur wenigen Schritten ans Ufer des Skeena River gelangen.

Doch dann gehen wir los mit dem Ziel, das Ksan Historical Villages zu besichtigen.

Dazu müssen wir nur die Rezeption des Campgrounds passieren und schon lädt uns eine große Tafel ein, dass Museum zu besuchen. Nach etwa hundert Metern betreten wir ein ganzes Dorf aus Langhäusern und Totempfählen.

Das Ksan Historical Village liegt zwar in Sichtweite des Ortes Gitanmaax, wo die hiesigen Gitxsan seit früheren Zeiten siedelten. Doch Gitanmaax hat sich mit der Besiedlung durch Europäer zum Westernstädtchen Old Hazelton gewandelt und so wurde das Dorf als Freiluftmuseum an einer unbebauten Stelle am Fluss errichtet. Dazu wurden unzählige historische Artefakte restauriert, aber auch nachgebaut, doch das Ergebnis beeindruckt sehr.

Beim Bummel durch das historische Dorf wirken die hölzernen Kunstwerke im Licht der tiefstehenden Sonne und vor dem Hintergrund der Landschaft und des dramatischen Wolkenhimmels besonders magisch und spirituell.

Auch hier sind die Fronten der Langhäuser mit Tribalsymboliken bemalt und die Kunsfertigkeit der Erbauer manifestiert sich in Verzierungen, wie Firstbalken, die als Adlerköpfe enden, oder Totempfähle, die als Hauseingang gestaltet sind.

Es sind insgesamt sieben Langhäuser in der Anlage zu bewundern. In einem ist das Museum und der Souvenirshop untergebracht, in einem weiteren eine Werkstatt für Restaurierungsarbeiten. Die anderen Gebäude sind verschlossen. Doch allein der Spaziergang durch die Anlage ist sehenswert. Auch der Blick über den Bulkley River ist wunderschön und so treiben wir uns noch eine ganze Weile zwischen den hölzernen Zeugnissen der indianischen Kultur herum. Dann wenden wir uns einem weiteren Ziel zu - ebenfalls zu Fuß.


Unser Ziel ist der Ortskern von Old Hazelton, welches sich an der Stelle des ursprünglichen Gitanmaax durch das Vordringen des weißen Mannes entwickelt hat. Zuerst enstand ein Handelsposten mit Poststation und etwas später ein Anlaufpunkt für Dampfschiffe, die sich auf dem Skeena River von der Pazifikmündung her hinaufarbeiteten.


Hier stehen einige historische Gebäude und unser Plan ist es, vielleicht mal eine echte Westernbar auf einen Wiskey zu besuchen.

Old Hazelton wirkt allerdings ziehmlich ausgestorben. Dennoch bietet es in der Abendsonne eine beeindruckende Szenerie, wie einem Western entstiegen.

Zunächst gehen wir bis ans Ufer des Skeena River und lesen einige Schautafeln zu Geschichte des Ortes. Dann durchstreifen wir einige Straßenzüge und finden tatsächlich eine Art Bar. Aber unsere Vorsätze sind dahin, als wir das schummrige und wenig einladende Ambiente mit zwielichtigen Gestalten sehen.

Dann doch lieber eine Flasche Wein auf dem Campground, denken wir und werden auf dem Rückweg in unserer Entscheidung bestärkt, als wir in einiger Entfernung betrunkene und grölende Native People sehen.

Aber es war nicht die schlechteste Entscheidung, denn wir machen es uns auch heute wieder nach dem Abendbrot am Lagerfeuer gemütlich und beobachten ein weiteres Mal den Sternenhimmel. Bei unbewölktem Nachthimmel - ganz klar - machen wir uns natürlich wieder Hoffnungen auf Nordlichter, aber auch in dieser Nacht bleiben sie aus.


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Freitag, 29. September 2017

Von Edmonton durch den Nordwesten - Nass River und die Nisgaa am Lavafeld

R&G

Auch an diesem Morgen ist der Himmel wolkenverhangen. Aber es regnet nicht mehr. Natürlich konnte der Wald noch nicht trocknen. Triefend nass und dampfend begrüßt er uns unter dem grauen Himmel.

Die Ironie des Wortes "nass" offenbart sich beim Blick auf die Karte, denn das Fishcamp befindet sich in der Nähe der Mündung des Meziadin River in den Nass River.

Unweit dieses Zusammenflusses gibt es im Meziadin River ein Wehr und eine Fischtreppe.
Dieses Bauwerk wurde bereits 1910 errichtet und 1966 erneuert, um den Lachsfang an diesem wichtigen Punkt der Lachswanderung zu rationalisieren:

Die Lachse werden am Wehr gestoppt. Meist nach einigen vergeblichen Sprüngen entgegen der Wasserkaskade finden sie den Weg über die Fischtreppe und können dort von den Anglern und Fischern effektiver gefangen werden.

Auch wenn diese Fangmethode und die Errichtung solcher Flaschenhälse für die Lachse mit den Europäern in diese Gegend kam, so sind es heute die hier siedelnden First Nation, die dieses Fishcamp nun betreiben und auch deutlich (anhand von Schildern) ihr exklusives Recht darauf erklären.

Für uns ist es nach dem Frühstück nur eine Fahrt von einigen hundert Metern von unserem Stellplatz im Wald zur Stelle am Fluss, wo sich das Wehr befindet. Die Fangsaison allerdings ist vorüber.

Wir sehen eine obskure Ansammlung von Holzhütten, die verlassen im Wald in der Nähe des Wehres stehen. Sie sind scheinbar als Unterschlupf und Übernachtungsplatz für die Fischer gedacht, aber auch als Putz- und Zwischenlagerplätze für den Fang.

Als wir am Wehr anlangen, treffen wir ein Touristenpärchen an, die mit einem Reisevan hierher gekommen sind und ebenfalls die Anlage besichtigen. Nachdem sie wieder weg sind, bleiben wir allein am rauschenden Meziadin River und beobachten das herabströmende Wasser.

Und tatsächlich sehen wir immer wieder mal einen Nachzügler, der versucht, den Wasserfall hinauf zu springen. Ganz schön fies gegenüber den Lachsen, denken wir.

Sie haben so schon einen harten Weg hinter sich und müssen nun noch rausfinden, dass nur die Fischtreppe an der Seite sie weiter bringt.

So schauen wir eine ganze Weile auf diese Szenerie und einige Male sehen wir kraftvolle aber am Ende vergebliche Sprünge von Lachsen am Wehr.

Wir bekommen einen gehörigen Schreck, als plötzlich eine tiefe Stimme hinter uns erklingt. Ein Angler ist zum Fluss herunter gekommen, aber wegen des rauschenden Flusses haben wir ihn nicht wahrgenommen. Er entschuldigte sich gleich, er habe uns nicht erschrecken wollen, aber er wird hier mit der Angel nochmal sein Glück versuchen.

Es ist ein Weißer und er mockiert sich über das Fishcamp der First Nations. Die Buden verschandeln den Ort und auch das Wehr sei unnötig. Aber die First Nations hätten hier nunmal die Rechte und so könne man nichts machen.

Dann verabschiedet er sich und sucht einen Platz am Wasser, wo er die Angel auswirft. Solange wir ihn im Blick haben, hatte er allerdings kein Glück.

Aber Lachse sehen wir immer wieder, nicht nur bei Sprüngen am Wehr, sondern auch in ruhigen Zonen am Ufer vor der Fischtreppe. Auch eine nordamerikanische Wasseramsel können wir beobachten, wobei sie kleinere Beute als Lachse im Sinn hat.
Lachsen beim Schwimmen zuzuschauen, ist in der Tat eine entspannende Sache, doch wir haben noch eine Tagesetappe vor uns, und so machen wir uns auf den Weg.

Erst heute haben wir die Entscheidung getroffen, den Highway 37 nicht bis zu seinem südlichen Ende am Yellowhead Highway zu fahren, sondern einen Abstecher auf dem Nisga'a Highway nach Südwest zu machen. Dort liegt am Unterlauf des Nass River und am darauf folgenden Pazifikfjord das Stammesgebiet der Nisga'a. Ähnlich wie die Hayda und andere Küstenindianer bildeten auch die Nisga'a bereits vor der europäischen Besiedlung eine sesshafte Hochkultur, lebten vom Fischfang und hatten Siedlungen mit Langhäusern und ausgeprägten Sozialordnungen und kulturellen Riten.

Es liegt aber auch ein Naturphänomen in ihrem Siedlungsgebiet, ein erkaltetes Lavafeld von vielen Quadratkilometern. Auch wenn wir zum jetzigen Zeitpunkt unseren Übernachtungsplatz noch nicht wissen, zeigt der folgende Etappenplan bereits alle wesentlichen Stationen:



Der erste Abschnitt führt uns auf dem Cassiar-Stewart Higway (37) zuerst nach Südosten und obwohl er malerisch ist wie all die Abschnitte zuvor, legen wir keinen Stopp ein.

Der Abzweig in den Nisga'a Highway ist unscheinbar und fast zu übersehen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass dieser Highway eher ein Forstweg ist und da er wohl allerhöchstens 50 km/h erlaubt (eher weniger), wird er uns eine Menge Zeit kosten.

Dennoch bleiben wir bei unserem Plan und biegen ab. Uns begegnet dann auch fast auf der ganzen Strecke kein weiteres Fahrzeug. Erst kurz vor New Aiyansh sehen wir zwei, drei Autos.

Wir sind bemüht, stetig voran zu kommen und machen lediglich einen Stopp an der Brücke über den Kiteen River, was man wohl im Volksmund als Pinkelpause bezeichnen würde.

Im letzten Drittel sehen wir einen Stellers Jay (Diadem-Häher), der mit seinem blauen Gefieder so faszi-nierend wie auffällig ist.

Und als wir für ein paar Fotos stoppen, sehen wir sogar einen Zweiten, der ebenfalls an der felsigen Talflanke herumflattert.

Wir machen jede Menge Fotos und werden am Ende wieder feststellen, das nur einige brauchbare dabei sind.

Wir sehen auch abgestelltes Forstgerät und im letzten Abschnitt vor New Aiyansh hat die Straße sogar einen leidlichen Asphaltbelag.

Wir erreichen New Aiyansh, den Verwaltungssitz der Nisga'a, aber biegen nicht zur Ortsmitte ab, sondern fahren zuerst weiter zum Memorial Lava Bed Provincial Park.

Der Park hat eine Visitor Information, die in einem traditionellen Langhaus untergebracht ist, doch leider ist keiner da - die Tür ist verschlossen. Der dazugehörige Campground ist zwar offen und sogar leidlich belegt, aber seine Lage in einem Wäldchen aus hohen Espen gefällt uns nicht.

So schieben wir die Entscheidung über einen Übernachtungsplatz auf und fahren erstmal raus in die Ebene aus erkaltetem Lavagestein, dem besagten Lava Bed.

Der Himmel beginnt inzwischen aufzureißen und es ist sehr windig. Hier in der offenen Ebene aus erstarrtem Tuffstein, wo nur ein paar mickrige Birken in den Rissen der kalten Lava ums Überleben kämpfen, pfeift dieser Wind ordentlich.



Wir werden auf dem Rückweg hier nochmal stoppen. Denn wir wollen uns das Nisga'a Museum in Laxgalts'ap ansehen. Dabei wollen wir die Landschaft in diesem weitläufigen und sich in Richtung Pazifik immer weiter öffnenden Tal des Nass River aus dem Auto genießen und durch die Bergpanoramen dieser recht guten Asphaltstraße gleiten.

Die Lavafelder enden irgendwann und es wird wieder waldig. Die Hinweistafeln am Wegesrand sind mit indianischen Motiven im Tribal-Stil verziert und markieren verschiedene Sehenswürdigkeiten.

Das Museum befindet sich außerhalb und etwas westlich des Ortes Laxgalts'ap.

 Es ist dennoch leicht zu finden, denn es ist in einem markant gestalteten Gebäude untergebracht.

Die Ausstellung ist als Museum für Kultur und Geschichte des Nisga'a-Volkes konzipiert und auch als Begegnungstätte mit Konferenzraum angelegt.

Der Videoclip rechts gibt einen kleine Einblick in die Bedeutung des Museums für die Nisga'a.

Wir schlendern durch die Ausstellung und staunen über die Darstellungen großer Siedlungen und die künstlerisch hochentwickelten Alltags- und Kultgegenstände.

Die Förderung der kulturellen Rückbesinnung der Ureinwohner durch die Regierung ist auch in Kanada noch nicht so alt, sodass auch jede Menge an geschichtlich bedeutsamen Erinnerungen der indigenen Völker unwiederbringlich verloren gegangen sind.


Nach dem Museumsbesuch fahren wir die gleiche Strecke zurück.

Auf dem Rückweg fällt uns ein Schild mit dem Hinweis auf heiße Quellen auf, die Hlgu Isgwit Hot Springs.

Das interessiert uns natürlich immer und wir halten an, um den kurzen Wanderweg zu den Quellen zu laufen.

Der Weg dorthin führt durch einen urigen Baumbestand mit Riesen des Temperate Rain Forest. Die Äste sind mit Moos überwuchert. Nicht überall sind Holzplanken am Boden und so gilt es, schlammige Wegabschnitte zu meistern.

An der Quelle angelangt sehen wir, dass hier ein Umbau im Gange ist. Das alte und ziemlich verrottete Becken sieht wenig einladend aus und die neuen Becken in Form riesiger Bottiche sind noch nicht fertig. Wir inspizieren das Ganze und wandern zurück zum Auto.







Nach einigen Kilometern sind wir wieder in den Lavafeldern und laufen auch hier ein Stück auf einem angedeuteten Wanderweg entlang.

Diese Landschaft wirkt bizarr, denn die erkalteten Lavaströme sind aus einem dunkelgrauen Tuffstein, der häufig mit einem Moosbelag überzogen ist. Im Gegenlicht der tief stehenden Sonne, die nun durch die aufreißenden Wolken durchbricht, glaubt man, nicht auf dieser Welt zu sein.

Diese Landschaft fasziniert und verleitet uns zu einer Menge Fotos mit oftmals beeindruckend wirkenden Kontrasten, wovon wir einige Kostproben hier im Blog zeigen wollen.


Doch es ist Zeit, weiter zu fahren. Denn trotz fortgeschrittener Stunde haben wir noch weitere Stopps geplant und noch immer keinen Übernachtungsplatz bestimmt.

Daher laufen wir über das schroffe Lavageröll zurück zum Wohnmobil und fahren ein weiteres Stück.

Ein Abzweig einige Kilometer weiter führt nach Gitwinksihlkw, einer weiteren Gemeinde der Nisga'a. Wir wollen nicht bis in den Ort, aber wir wollen uns die Totempfähle ansehen, die auf dem Wege dorthin vor der Brücke über den Nass River stehen.

Es ist ein beliebtes Fotomotiv und wir wollen es auch mal sehen und ablichten.

Zur Krönung platzieren wir das Wohnmobil auf der Brücke zwischen die Totems und lichten uns zum Zwecke der Selbstdarstellung ab (Selfie mit Wohnmobil).

Dann gehts weiter in die Hauptstadt der Nisga'a nach New Aiyansh.

In der Sprache der Nisga'a heißt der Ort nicht New Aiyansh, sondern Gitlaxt'aamiks. Auch er ist nur eine kleine Siedlung von etwas über 800 Einwohnern. So besteht er vornehmlich aus verstreut gelegenen Einfamilienhäusern in Leichtbauweise (also Bungalows).

Dennoch fällt auf, dass die Häuser der Nisga'a recht gepflegt und durchaus wohlhabend wirken. Das sieht in anderen Reservatsorten in Kanada häufig trostloser aus.

Da hier auch der Stammeskonzil der Nisga'a beheimatet ist, finden wir im Ortskern ein Verwaltungsgebäude mit imposanten Totempfählen davor und eine große Versammlungshalle im Stil eines Langhauses, das zwar noch von einer Baustelle auf dem Vorplatz geprägt ist, aber deren Fassade in der Abendsonne mit farbenprächtigen Stammesmotiven leuchtet.

Auch einen Supermarkt gibt es, welcher eindeutig das frequentierteste Gebäude der näheren Umgebung ist.

Nach einer kleinen Schleife durch New Aiyansh fahren wir wieder hinaus auf den Nisga'a Highway und folgen ihm weiter in Richtung Terrace, einer größeren Stadt am Yellowhead Highway. Das ist wieder die Richtung Südost und die Straße ist nun asphaltiert und in ausgezeichnetem Zustand.

Dennoch gilt es, einen Übernachtungsplatz zu finden und weitere Campgrounds in der Nähe sind uns nicht bekannt. Es ist abermals sehr wahrscheinlich geworden, das es heute wieder ein wildes Plätzchen wird.

Doch noch führt der Highway durch das Gebiet des Lava Bed Provincial Parks und daher kommen wir noch immer an szenischen Haltepunkten vorbei.

An einem dieser Punkte halten wir, obwohl die Sonne schon am Horizont zu versinken droht. Aber wann werden wir je wieder die Gelegenheit haben, hier zu stoppen? Es ist ein sehr kurzer Wanderweg zu den Vetter Falls. Erst führt er ein Stück durch ein Lavafeld und dann durch dichten Temperate Rain Forest, ehe er an einem etwas verwunschen wirkenden kleinen Wasserfall endet. Aber die etwas gruselige Stimmung kommt wohl vor allem von der einsetzenden Abenddämmerung im dichten Wald.

Also gehts mit zügigen Schritten durch die schummerige Dämmerung im Wald zurück zum verwaisten Parkplatz, wo nur unser Wohnmobil auf uns wartet.

Wir starten durch und rollen schon wieder weiter auf dem Nisga'a Highway.

Weitere Haltepunkte ignorieren wir nun, doch am Lava Lake halten wir. Dieser Stopp ist nicht nur dem szenischen Ausblick gewidmet, sondern auch der Suche nach einem Stellplatz für die Nacht.

Der Platz wäre durchaus geeignet gewesen, aber leider sind schon andere auf die Idee gekommen und am Wasser sehen wir ein Lagerfeuer und hören Stimmen. Da wollen wir doch noch etwas weiter schauen, auch wenn die Sonne schon hinter den Bergen versunken ist.

Natürlich erwecken Seen immer ein ganz spezielles Interesse, da ein Plätzchen am Wasser besonders schön ist. So halten wir etwas intensiver Ausschau nach Seitenwegen, die zu einem der Seen am Wegesrand führen könnten.

Am Sand Lake haben wir Glück und finden einen solchen Weg. Es ist ein kurzer Waldweg, der recht zugewuchert ist und zu einer kleinen Lichtung direkt am Wasser führt.

Dieser Weg ist von der Sorte, die man nur mit dem Selbstbewusstsein eines Pickup-Fahrers mit Allradantrieb fahren würde. Zwei riesige Pfützen von über 10m Länge und von zuvor unbestimmbarer Tiefe durchfahren wir, bevor wir ans Wasser kommen. Knietief waren sie mindestens, wie wir beim Passieren dieser Senken schätzen konnten und mit jeder Menge Schlamm am Boden. Einem gewöhnlichen PKW wären sie garantiert zum Verhängnis geworden.

Doch nun stehen wir auf der Lichtung am Wasser und sind sehr zufrieden mit diesem romantischen Plätzchen. Da haben wir trotz des anstrengenden Tages, der hinter uns liegt, nach dem Abendbrot noch Lust auf ein Gläschen Rotwein am Lagerfeuer.


Und da der Himmel nahezu wolkenlos geworden ist und das Sternenfirmament freigegeben hat, stellen wir die Kamera für eine Time Lapse auf das Stativ. Da wir zudem einen offenen Blick in Richtung Norden haben, machen wir uns Hoffnungen auf Nordlichter.

Doch blieben in dieser Nacht die Hoffnungen unerfüllt und der Himmel blieb ruhig. Naja, man kann nicht immer alles haben, sagen wir uns und sehen weiteren Chancen entgegen.

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