Mittwoch, 27. September 2017

Von Edmonton durch den Nordwesten - Bärengletscher und Pazifikfjord, Stewart grüßt mit Dauerregen

R&G

Der Kinaskan Lake begrüßt uns am Morgen genauso trüb, wie er sich am Abend verabschiedet hatte. Aber es regnet nicht. Gestern sind spät abends noch einige Durchreisende auf den Platz gekommen und haben sich auf andere Stellplätze des


Campgrounds gestellt. Aber dennoch ist er relativ leer und durch die weitläufige und separate Anordnung der Stellplätze wirkt er recht verwaist. Doch sprechen wir über unsere Pläne für heute.

Unweit des Campgrounds, noch zu diesem Provinzpark gehörig, gibt es einen Wanderweg zum Natadeeslin Lake. Danach soll es noch einen Abstecher in eine Forestry Road, eine Straße der Forstwirtschaft gehen, an der es irgendwo am Wegesrand eine heiße Quelle geben soll. Danach wird es außer gelegentlicher Fotostopps keine Halts mehr geben und wir fahren bis Stewart an der Grenze zu Alaskas Südzipfel.



Nachdem wir gestartet sind, kommt der erste Halt schon nach einigen Kilometern. Es gibt eine Haltebucht an der Straße und ein gut erkennbares Hinweisschild für den Wanderweg. Er ist nur einen Kilometer lang, zumindest als unterhaltener Pfad bis zum See, danach geht noch ein wilder Pfad weiter am See und dessen Zufluss entlang.

Der Wald ist voller triefender Nässe und wirkt still und klamm. Der Weg ist aber gut begehbar und gelegntlich sind morastige Abschnitte mit Holzplanken ausgelegt.

Am Wegesrand kann man das letzte Grün des Jahres in Form von Gräsern und Moosen beobachten, aber mehr noch wachsen verschiedenste Pilze am Waldboden. Auch Beeren sehen wir zuhauf. Am Ende des Weges öffnet sich der Blick auf den Natadeeslin Lake und es gibt ein Hinweisschild zu einer Toilette etwas abseits. Die schauen wir uns an und entdecken eine witzige Variante eines Plumsklos mit "Freisitz", welches wir fotografisch festhalten
mussten.

Der Pfad, der von hier aus wild weiterführt, ist nicht wirklich begehbar. Er ist zugewuchert und undurchdringlich. Wäre es anders gewesen, hätten wir noch am Abfluss des Sees, einem kleinen Wildwasserfluss bis zu einem Wasserfall wandern können, aber so lassen wir das.

Auch ein Drohnenflug bietet sich nicht an, denn es gibt keine geeignete Start- und Landefläche. So bleibt uns nur, ein wenig am Ufer entlang zu schlendern und die umgebende Natur zu genießen.


Es gibt außer dem Fernblick auf die Berge des Edziza-Massivs auch Dinge in der Nähe zu beobachten, wie Baumhörnchen, Häher und auch einen Frosch im flachen Wasser.












Nach kurzem Verweilen laufen wir den Weg zurück zum Parkplatz und fahren weiter.

Auch diesmal fahren wir nicht allzu weit und erreichen die Forststraße, die wir uns vorgemerkt haben. Auch hier gelingt es uns nicht, weit genug vorzudringen. Weder können wir von der anderen Seite zum Wasserfall gelangen, noch finden wir die heiße Quelle.

Aber wir stellen fest, dass hier einige Jäger unterwegs sind. Entlang der Forststraße sehen wir immer wieder Pickups und wilde Camps.

An einem dieser Camps sitzt die Jagdgesellschaft um ein Feuer herum. Unter einem Tarp hängen große Stücke eines zerlegten Tieres.

Wir halten an und sprechen sie an, um etwas über unsere Ziele herauszufinden. Aber auch sie wissen nichts genaues. Es ist eine Familie, die nun schon ihre Jagd erfolgreich beendet hat. Das erlegte Tier ist ein Elch. Sie selbst stammen aus dem Ort Kitimat rund 500 km südlich von hier. Vor der Rückfahrt haben sie es sich um das Feuer gemütlich gemacht und trinken Bier. Wir plaudern noch etwas und sie geben uns Tipps für den Cassiar-Stewart-Highway. Auf diesen zurückgekehrt fahren wir weiter südwärts und sehen bald einen Schwarzbären, der am Straßenrand Grünzeug frisst.












Wir beobachten ihn ein Weilchen dabei und wenden sogar auf dem Highway, um ihn besser zu sehen. Er fühlt sich zwar durch uns nicht gestört und frisst seelenruhig weiter, aber für das Foto posieren will er auch nicht und beachtet uns nicht. Daher kann man ihn immer nur seitlich sehen, wie er sich langsam fressend am Straßenrand fortbewegt.

Witzigerweise kommt ein Warnschild wegen Bären am Highway erst nach dieser Begegnung.

Es hängen dicke schwere Wolken über uns, aber es regnet nicht. Doch in den vergangenen Tagen müssen wohl viele Niederschläge gefallen sein, denn die Wildwasserflüsse sind reißend und übervoll.

An einem Straßenabschnitt, wo ein Flüsschen parallel zum Highway fließt, hat es diesen sogar leicht überschwemmt. Ein Fahrzeug des Straßendienstes hat sich am Anfang des überfluteten Abschnitts aufgestellt und mahnt zur Vorsicht. Wir haben kein Problem, denn unser Pickup hat viel Bodenfreiheit. Letztlich ist aber die Überflutung auf einer Länge von vieleicht 150 Metern nirgends tiefer, als 20 cm und wir durchfahren das problemlos.
 
Doch das Flüsschen, nun ein reißendes Wildwasser von gehöriger Breite begleitet uns noch viele Kilometer südwärts, mal zur Linken, mal zur Rechten des Highways.

An einer Stelle sehen wir sogar einen Fischadler am Ufer des reißenden Flusses. Ob er ruht oder nach Beute Ausschau hält, ist nicht auszumachen, aber er sitzt ganz gelassen auf einem Stück Treibholz und wendet von Zeit zu Zeit den Blick in eine andere Richtung. Ansonsten ist er regungslos.

Da er keine Anstalten macht, Beute zu greifen, begnügen wir uns mit ein paar Fotos in ruhender Pose und fahren dann weiter.



Wir erreichen nach länger Fahrt durch schroffe Berglandschaften die Meziadin Junction. Hier gibt es eine Tank- und Rastmöglichkeit. Gleichzeitig zweigt hier eine Straße westwärts ab, der Highway 37a. Er führt zum Städtchen Stewart, welches zu British Columbia gehört und kurz darauf zu einem Ort namens Hyder. Dieser wiederum gehört schon zu Alaska und somit zur USA. Beide Orte liegen am Ende eines über 100 Kilometer langen Fjords, der in den Pazifik führt und in dessen Mitte ein Stück  Grenze zwischen Kanada und Alaska verläuft.


An der Meziadin Junction werden wir heute nicht tanken, denn unser Kraftstoff sollte noch bis Hyder und zurück reichen. Also wenden wir uns in Richtung Westen auf den den Highway 37a. Ein Stück hinter dem Meziadin Lake passieren wir geöffnete Schranken, die uns zeigen, dass diese Straße im Winter geschlossen sein kann, falls sie aufgrund massiver Schneefälle nicht mehr passierbar ist.

Bevor wir nach Stewart auf Meereshöhe hinunter fahren, müssen wir einen Pass überwinden. Hier kommen wir an einer Attraktion dieser relativ kurzen Gebirgsstraße vorbei. Es ist der Bear Glacier, zu deutsch Bärengletscher.

Dieser sieht zwar an einem so herbstlichen nass-grauen Tag etwas trübselig aus, ist aber ein Filmstar. Denn im Alaska-Thriller Insomnia mit Al Pacino wurde er zur Kulisse für einige Szenen im Film.

Wir stoppen hier, um ihn zu bewundern, auch wenn ein Verkehrsschild an diesem Straßenabschnitt warnt: Lawinengefahr! Dennoch ist an dieser Stelle - vermutlich als Aussichtspunkt für Touristen eine Art Halteplatz neben dem Highway angelegt worden und eine Mountie-Streife (Royal Canadian Mounted Police), die vorbeifährt, während wir hier stehen, nimmt auch keinen Anstoß an unserem Halt.

Da es nicht regnet, ist dies eine weiter Gelegenheit für einen szenischen Drohnenflug, dessen Ergebnis im folgenden Videoclip zu sehen ist:



Nach diesem letzten Stopp vor unserem Ziel geht es talwärts. Zusammen mit dem Highway strebt ein zunehmend reißenderer Fluss in Richtung Pazifik. Auch das Wetter zeigt an, dass wir uns der extrem regenreichen nordamerikanischen Pazifikküste nähern.

Die Niederschläge sind nicht nur in der frostfreien Jahreszahl extrem, wo sie den gemäßigten Regenwald (Temporate Rainforest) der Küstengebirge speisen, sondern auch im Winter zu einer meterhohen Schneedecke führen können. Dann kommt es dazu, dass selbst die leistungsfähigen Räumfahrzeuge nicht hinterher kommen und der Highway 37a für Tage gesperrt wird.

Bis Steward ist es nicht mehr weit. Wir haben vor, uns auf einem privaten Campground mit Full-Hookup (also Strom, Wasser- und Abwasseranschluss) einzuchecken und auch den Komfort fester Waschräume und warmer Duschen zu nutzen.

Der nächste Tag soll den einer Spritztour nach Alaska, nach Hyder gewidmet sein.

Doch für heute ist Schicht im Schacht und die trübe Dämmerung lässt uns schnell im Wohnmobil verschwinden.

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