Dienstag, 19. September 2017

Von Edmonton durch den Nordwesten - Fort Simpson, eine Reservetag wird verdaddelt

R&G

Am Mackenzie Highway ist ein neuer Morgen angebrochen. Auf halbem Wege zwischen Fort Simpson und der Fähre nach Wrigley standen wir etwas abseits vom Mackenzie Highway und nun liegt ein Tag vor uns, den wir als Reservetag überbrücken müssen.

vom Vortag: Abenddämmerung über der endlosen Taiga - der Highway ist nur ein fragiles Band in den Weiten des Nordens
Der Tankwagen, für den gestern eine Pumpe am Wasser aufgestellt wurde, ist noch nicht gekommen. Wir wollen heute zumindest bis an die Fähre in Richtung Wrigley fahren und vielleicht sogar den Mackenzie überqueren. Dieser arktische Riesenstrom ist vergleichbar mit den großen sibirischen Flüssen Ob, Irtysch, Jenissei und Lena, die sich ebenfalls in den arktischen Ozean ergießen.



Da nur der Flussabschnitt vom Great Slave Lake bis zum Nordpolarmeer den Namen Mackenzie River trägt, beträgt seine Länge lediglich 1903 Kilometer. Rechnet man aber seinen längsten Zufluss über den Peace River hinzu, so sind es recht ordentliche 4260 Kilometer. Sein (europäischer) Entdecker Alexander MackKenzie ließ sich anfangs von der Hoffnung leiten, einen Weg zum Pazifik gefunden zu haben, musste dann aber enttäuscht erkennen, dass die unüberwindliche Kette der nörlichen Rockies den Flusslauf nach Norden zur arktischen Beaufortsee abdrängt.

Der Mackenzie Highway folgt dem Flusslauf ab Fort Simpson westwärts, muss aber, um Wrigley anzubinden, zum anderen Ufer wechseln. Dafür ist etwa 80 Kilometer östlich eine Fähre errichtet worden und da fahren wir nun hin.

Es ist eine kurze, gemächliche aber staubige Fahrt, dann erreichen wir den riesigen geschotterten Vorplatz der Fähranlage. Im Gegensatz zur Fähre am Liard River, scheint die Fähre nicht ständig hin und her zu fahren.

Das Fährschiff liegt am diesseitigen Ufer vertäut und es ist kein Personal an Bord. Vermutlich sind die Fährleute in der Baracke, die an dem großen Schotterplatz steht und beobachtet von dort, ob Fährkundschaft da ist.

Vermutlich geht die Fähre bei Bedarf, denn ein Zeitplan ist nicht ausgeschrieben. Da aber kein Fahrzeug an der Rampe steht, weder hier, noch am anderen Ufer und auch wir etwas abseits geparkt haben, kommt auch keiner.


Das Fährpersonal unnötig zu bemühen, um mal zur anderen Seite zu fahren, wollen wir dann doch nicht. Wir bleiben also auf dieser Seite des Flusses und bereiten unsere Drohne für einen Rundflug vor.


Der bequeme Zugang zum Flussufer im Umfeld der Fährrampe wird scheinbar von Einheimischen als Bootlaunch genutzt. Am Rande stehen zwei abgestellte Pickups mit Bootsanhängern, deren Besitzer wohl auf dem Fluss unterwegs sind.

Während wir unsere Drohnenflüge absolvieren, kommt eines dieser Boote über den Fluss und läuft das Ufer an.

Wir können nun beobachten, wie sie den Pickup mit Bootsanhänger ans Ufer holen und ihr Boot aus dem Wasser hieven. Wahrscheinlich waren sie auf Angeltour.

Wir begeben uns schließlich auf den Rückweg nach Fort Simpson. Auf der etwa 80 km langen Strecke halten wir gelegentlich, wenn es Wege seitlich in die Taiga gibt. Dabei entdecken wir sogar einen verwilderten Campground, der von der Regionalverwaltung nicht mehr betrieben wird. Aber der Rundweg mit den einzelnen Stellpätzen auf denen teilweise schon junge Birken aus dem Boden sprießen, ist befahrbar und etwas verwahrloste Picknickbänke stehen auch noch da. Dem Anschein nach wird der Platz noch gelegentlich von Jägern und Anglern genutzt.

So vertingeln wir die Zeit auf dem Highway und treffen am frühen Nachmittag in Fort Simpson ein. Hier parken wir zuerst an der Visitor Information, wo wir den kostenlosen WLAN-Zugang nutzen, um E-Mails zu senden und schon mal ein paar Fotos hochzuladen. Neben diversen Informationen in form von Broschuren kann man hier auch die Wettervorhersage erfahren und nicht zuletzt sind die Waschräume mit Warmwasser und WC-s nutzbar.


Ein bisschen laufen wir noch die Hauptstraße entlang, aber das erschöpft sich recht schnell wegen des sehr begrenzten Charmes, den der Ort versprüht. Obwohl die Einwohner mehrheitlich europäischer Abstammung sein sollen, ist das Stadtbild geprägt von indianischen Dene.

Wir fahren schließlich zur Uferstraße an die Böschung zum Mackenzie River und schlendern auch dort noch etwas entlang.

Eine Uferpromenade im eigentlichen Sinn gibt es nicht.
Zum Fluss hin fällt ein steile Böschung ab, die teilweise von wildem Gebüsch bewuchert ist. An manchen Stellen gibt es Zufahrten bis hinunter zum Wasser. Hier liegen die Wasserflugzeuge am Ufer. An einem wird gerade geputzt und es werden Wartungsarbeiten durchgeführt.

Vereinzelt stehen Bänke mit Blick über den Fluss. Hier lassen wir uns nieder und beobachten die gelassene Ruhe am Fluss. In der Ferne scheinen Regenschauer niederzugehen, aber hier in Fort Simpson bleibt es trocken und warm.

Die Häuser in der ersten Reihen sehen recht adrett aus, sind aber letztlich auch nur hölzerne Leichtbauten. Da sie auf Pfählen gebaut sind, liegt die Vermutung nahe, dass hier bereits Dauerfrostboden oder zumindest tiefes Durchfrieren des Erdreiches möglich ist und gewöhnliche Fundamente Probleme bekommen könnten.


So bekommen wir die Zeit herum und fahren schließlich zur Flugplatzbaracke von Simpson Air. Verabredungsgemäß stellen wir uns auf den Parkplatz zwischen deren Baracke und dem Rollfeld.

Parallel zum Rollfeld liegt neben Simpson Air auch noch der städtische Friedhof.

In der Baracke treffen wir noch jemanden an, einen jungen Mann. Wahrscheinlich ist er einer der Piloten. Wir bitten ihn noch um das WLAN-Kennwort. So haben wir Internetzugang für den Abend. Eine Außensteckdose an der Baracke können wir auch nutzen, um diverses Equipment zu laden. Damit sind wir bestens für unseren morgigen Flug gewappnet.
Auch müssen wir uns keine Sorgen machen zu spät zu kommen, denn wir sind ja bereits da. Vom Camper zum Office sind es 30 Sekunden, wir müssen lediglich am nächsten Morgen rechtzeitig aufstehen.

Der Blick aus dem Wohnmobil ist natürlich weniger berauschend. Die Barackenromantik von Fort Simpson macht wahrlich nicht viel her. Doch wir haben ja Internet und in Gedanken sind wir ohnehin schon beim morgigen Flug in den Nahanni Range.

Inzwischen ist die Nacht über Fort Simpson angebrochen und der Sternenhimmel beginnt am Firmament zu glitzern. In der Nähe steht eine kaputte Straßenlaterne, die in gleichmäßigen Zeitabständen aufleuchtet und dann wieder erlischt. Obwohl wir nie davon ausgegangen sind, hier im Ort Nordlichter zu beobachten, sehen wir sie auch heute wieder.



Aus diesem Grund bauen wir wieder den Fotoapparat auf, auch wenn wir selbst uns in das Wohnmobil zurückziehen. Ganz dicht am Camper stehend und mit Fisheye nach Norden ausgerichtet, lassen wir ihn ein paar Stunden wirtschaften, ehe wir ihn noch in der Nacht wieder reinholen.

Und es ist erstaunlich, dass die Fototechnik auch diesmal die grünen Lichter am Himmel dokumentiert hat - trotz urbaner Lichtverschmutzung, flackernder Straßenlaternen und durchziehender Wolkenfelder.


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