Samstag, 23. September 2017

Von Edmonton durch den Nordwesten - von heißen Quellen, wilden Wassern und Bibern entlang des Liard Tals

R&G

Der Morgen am Muncho Lake ist frisch und die Vegetation ist regennass. Der Blick über den See ist wohl bei jedem Wetter beeindruckend, sofern die Berge, die das Panorama säumen, noch zu sehen sind. Und das ist der Fall. Der Himmel ist zwar bewölkt und die Schauerneigung ist deutlich. Gleichzeitig ist aber ein Aufreißen der Wolkendecke zu beobachten. So starten wir bei wechselhaftem Wetter in den Tag.

Unsere Pläne für heute sehen folgendermaßen aus: Wir fahren ohne vorbestimmte Stopps bis zum Tal des Liard River. Auf dem Weg dorthin würden wir nur spontan und situationsbedingt halten, sei es wegen eines interessanten Ausblicks oder vielleicht einer Tierbeobachtung.

Mit dem Erreichen des Oberlaufes des Liard River planen wir einen Badestopp an den dortigen heißen Quellen, den Liard River Hotsprings. Das könnte 2 Stunden beanspruchen. Dann soll es auf dem Alaska Highway weiter in Richtung Westen gehen, dem Liard flussaufwärts folgend. Zwei Stopps wollen wir dabei auf jeden Fall einlegen, an den Smith River Falls und an den Whirlpool Rapids. Dann wollen wir vor Watson Lake einige wilde Plätze zur Übernachtung in Betracht ziehen und falls nichts geeignetes dabei ist, in Watson Lake auf dem Gemeinde-Campground übernachten - soweit der Plan.



Vom Strawberry Flats Campground folgt der Highway dem Muncho Lake nordwärts entlang dessen östlichen Ufers. Etwa 10 Kilometer ist er lang und eingebettet im gleichnamigen Provinzpark. Entlang des Sees gibt es nacheinander einige Rast- und Übernachtungsmöglichkeiten.

Northern Rockies Lodge
Zuerst kommt die Northern Rockies Lodge, eine schön gelegene, aber mondäne Anlage mit Chalets am Wasser, Restaurant und auch (überteuerter) Tankstelle. Die Gebäude sind durch den Blockhausstil überaus passend in dieser Landschaft und strahlen Wildnisromantik aus. Mondän ist sie wegen der Übernachtungspreise, die bei 135$ für ein Lodge-Zimmer beginnen und bei 279$ für ein Chalet am Strand enden. Das sind gehobene Hotelpreise und somit ist die Lodge wahrlich kein billiges Motel am Wegesrand. Auch einige Wohnmobilstellplätze gibt es hier und sogar einen Flugshuttleservice mit Wasserflugzeugen zu entlegenen Seen in den Rockies. (Fotos: Northern Rockies Lodge - bei uns war der Himmel verhangen und wir verweilten hier nicht)

Restaurant der Lodge
Northern Rockies Lodge vom Wasser gesehen
Chalet am Ufer
Dann folgt der McDonald Campground. Er ist wie der Strawberry Flats Campground ein Platz unter der Verwaltung des Provinzparks und auch er hat geschlossen.

Ganz am Nordende des Sees sieht man nochmals eine Ansammlung von Gebäuden. Hier soll sich der Muncho Lake RV-Park befinden, ein privat betriebener Wohnwagenpark. Aber dieser scheint nicht mehr zu existieren. Es sieht aus, wie aufgegeben, die Schranke ist zu, das Gelände verwaist und die Gebäude verriegelt und verrammelt.


Dann windet sich der Highway am Berg in die Höhe und in einer Kurve bietet sich ein letzter Blick auf den Muncho Lake.Wir halten hier kurz und blicken von dieser erhöhten Position nochmal zum Abschied auf den See. Dann geht's weiter nordwestwärts.

Der Highway folgt nun dem geweiteten Tal des Trout River an der rechten Bergflanke, den Fluss zur Linken.

Auf diesem Straßenabschnitt sieht man häufig Karibus und Dallschafe, aber scheinbar ist uns heute das Glück nicht hold und kein Tier will sich zeigen.

Doch die Berge werden zunehmend flacher und weniger schroff.








Der Wald entlässt die Feuchtigkeit des nächtlichen Regens in Form von Nebelschwaden, die sich mit den tief liegenden Wolken vermischen und die Bergflanken einhüllen. Die Nähe zum voraus liegenden Liard Tal lässt die Wahrscheinlichkeit steigen, Waldbisons zu sehen.

Und tatsächlich treffen wir schon bald auf eine Herde, die stoisch am Straßenrand Gras frisst oder im Gras liegend wiederkäut und sich durch nichts stören lässt.

Einige Fahrzeuge haben bereits gestoppt und beobachten die Tiere. Es sind auch Bullen dabei und einer der Bullen stolziert mit mächtigem Imponiergehabe ganz gemächlich über den Highway. Zum Glück kam gerade kein Truck vorbei, sonst hätten wir ein Hupkonzert zu hören bekommen.

Nach dem Überqueren des Liard River über eine der wenigen Brücken, die ihn überspannen (möglicherweise nur zwei insgesamt) kommt schon bald auf der rechten Seite das Schild und die Einfahrt der Liard River Hotsprings. Unter dem selben Name befinden sich hier ein Provinzpark und ein Campground sowie eine Besucherzone für Tagesbesucher mit Holzplankenweg zu den heißen Quellen. Dieser führt einige hundert Meter durch den Wald und endet an einer zwar ausgebauten, aber wie wir finden, sehr schön an die natürlichen Gegebenheiten der Quelle angepassten Anlage.
Der Campground hat zwar geöffnet, aber wir sind heute nur als Tagesbesucher hier mit der Absicht, nur ein-zwei Stunde zu verweilen und dann weiter zu fahren. Dementsprechend zahlen wir einen kleineren Eintrittspreis und parken das Wohnmobil auf dem Parkplatz für Tagesbesucher. Dann schlendern wir auf dem Holzplankenweg hinter zur heißen Quelle. Diese ist durchaus bevölkert aber nicht überfüllt.

Dieser Pool wird Alpha-Pool genannt und ist nicht der einzige hier im Provinzpark. Der sogenannte Beta-Pool befindet sich noch einige hundert Meter im Wald, ist aber seit ein paar Jahren für die Öffentlichkeit gesperrt. Der Grund ist ein häufige Zahl von Bärensichtungen im Bereich des Beta-Pools. Und da es bereits im Jahre 1997 einen tödliche Bärenangriff hier gegeben hatte, wurde diese entlegenere Quelle für Besucher geschlossen. Das ist natürlich bedauerlich, da der Beta-Pool die Besonderheit aufweist etwas kühler zu sein, aber dabei Schwimmtiefe zu haben.

Aber auch der Alpha-Pool hat eine Besonderheit. Er ist in zwei Becken unterteilt und ins untere Becken strömt ein kalter Bach hinzu. Man kann also, ohne den Pool zu verlassen, ein kalt-warmes Wechselbad nehmen.


Nach einer längeren Zeit des Faulenzens im heißen Wasser sind wir gar gekocht und bereit, uns wieder auf dem Weg zu machen. Wir kleiden uns an und gehen zum Camper. Und da dieser ganz gut in der Zone für Tagesbesucher geparkt ist, machen wir hier auch gleich das Mittagessen.












Nach der Mittagspause geht es schließlich weiter westwärts und die Bisons in mal kleineren mal größeren Gruppen säumen abermals unseren Weg. Der Alaska Highway ist hier wieder geprägt von sehr breiten grasbewachsenen Randstreifen und das Tal des Liard River ist weitläufig. Die Berglandschaften zu beiden Seiten des Tals sind gediegen und bewaldet und durchzogen von viel herbstlichem Gelb.

Im Gegensatz zu Kanadas Ostküste, wo der Ahorn im Herbst die Wälder rot glühen lässt, dominieren hier die Birken und Lärchen als herbstliche Malermeister und dies mit einem kräftigen Gelb.

Der nächste Halt ist die Smith River / Fort Halkett Protected Area. Die Beschilderung ist sehr unauffällig und dass es hier einen Wasserfall zu sehen gibt, erfuhren wir bei der Vorbereitung der Tour durch Internetrecherche. Dementsprechend ist der Weg zum Wasserfall ein übler. Selbst ein robuster Pickup wie unserer muss sich rumpelnd und wankend über den zerfahrenen Forstweg mühen. Am Ende mündet der Weg in einen geschotterten Wendehammer und ist zu Ende. Außer einem Dixiklo und einer Infotafel gibt es hier keine Infrastruktur. Aber der Platz ist an einer Seite nur durch eine Leitplanke getrennt von einer schroffen Schlucht und man kann den Wasserfall in einiger Entfernung sehen und auch schon hören.

Obwohl diese Stelle so versteckt und schwer erreichbar ist, sind wir hier nicht allein. Ein älteres Paar mit einem ebenfalls älteren Pickup-Camper steht bereits hier und hat die Campingstühle mit Blick zum Wasserfall an die Leitplanke gestellt. Wir aber wollen auf dem als Wanderweg ausgewiesenen Trampelpfad näher an den Wasserfall heranlaufen. Gleich am Anfang führt der Pfad so steil in die Tiefe, dass hier eine Leine zum Hangeln gespannt wurde. Doch danach ist es leicht zu laufen und auch nicht weit. So kommen wir bis zum Fuss des Wasserfalls und können ihn aus der Nähe bewundern. Er ist wahrlich nicht klein und der Smith River ist auch kein Bach, sondern ein recht ordentliches Flüsschen.


Als wir zurück am Wendeplatz sind, ist das ältere Paar schon weg, aber es sind neue Besucher da und diese machen sich nun auch zu Fuss auf den Weg hinunter zum Wasserfall. Während dessen machen wir es dem Paar von vorhin nach und stellen unsere Campingstühle an die Klippe. Dann lassen wir noch unsere Drohne kreisen, bevor wir wieder aufbrechen.



Auf dem Alaska Highway cruisen wir westwärts und genießen die Weite der Landschaft, bis wir unseren nächsten Stopp einlegen. Wir sind an den Whirlpool Rapids. Dies sind Stromschnellen im Liard River und auch diese sind nicht wirklich ausgeschildert. Man muss die Stelle gezielt suchen, am bestem mit dem Navi als Ziel markieren, denn es ist ein unscheinbarer Waldweg, der hinunter zum Fluss durch einen Auenwald führt.

Trotzdem steht unten am Fluss ein Pickup. Es sind offensichtlich Einheimische, ein junges Paar, die am Fluss angeln. Sie sind aber gerade im Begriff, zu gehen und grüßen uns im Vorbeigehen. Dann gibt uns der junge Mann noch einen Tipp und verweist auf einen Trampelpfad, welchem wir folgen sollten um einen noch interessanten Blick auf die Stromschnellen zu bekommen. Wir danken und folgen seinem Hinweis, der sich als treffend erweist.

Der Liard River hat von der Quelle bis zur Mündung in den Mackenzie keinerlei Begradigung oder Veränderung des Flussbettes erfahren. Deshalb sind auch natürliche Katarakte, wie diese Stromschnellen erhalten geblieben und das sehr zur Freude von Rafting-Abenteurern, von denen wir aber heute keine sehen.

Der Fluss führt auch hier wenig Wasser, aber das haben wir bereits am Unterlauf bei Nahanni Butte gesehen. Die vielen Felsen, die nun freiliegend das Ufer säumen, werden bei Normalwasser oder gar Hochwasser tosend von der Srömung umspühlt.

Wie bei einem Wasserfall versprühen die reißenden Stromschnellen dann einen Tröpfchen-Nebel, der in den angrenzenden Bäumen Moose in den Ästen gedeien lässt, wie man es sonst nur von den gemäßigten Regenwäldern an der Pazifikküste kennt.

Das Abschreiten des Trampelpfades an den Stromschnellen ist zu einer kleinen Wanderung geworden, doch nun kehren wir zum Camper zurück. Das angelnde Pärchen ist schon fort und es ist seitdem keiner mehr hier hinunter gekommen.

Wir fahren wieder auf den Alaska Highway und rollen weiter gen Westen, genauer Nordwest. Damit nähern wir uns unaufhaltsam wieder dem 60. Breitengrad, der hier die Grenze zwischen British Columbia und Yukon bildet. Noch vor dieser Grenze wollen wir einen wilden Platz abseits des Highway erkunden hinsichtlich einer Eignung als Übernachtungsplatz. Sollte dies aber ein Schuss in den Ofen werden, würden wir bis Watson Lake weiterfahren, was bereits im Yukon liegt.

Also zweigen wir in den Wirtschaftweg ab, den wir bei der Reiseplanung per GPS-Koordinaten vorgemerkt hatten. Es ist einer dieser typischen Wege, die die Straßenmeisterei gefühlt alle 10 Kilometer am Highway entlang angelegt hat um etwas weiter Abseits eine Wirtschaftfläche für den Straßenbau, Reparatur oder Winterdienst zu haben. So ist es auch hier. Nach 500 Metern endet der Weg auf einer Freifläche, auf der zwar keine Baufahrzeuge stehen, aber einige Haufen an Schotter und Split aufgeschüttet gelagert sind.

Aber aus unserer Google-Recherche wissen wir: Von diesem Platz aus geht der Weg weiter. Und tatsächlich; wir finden am hinteren Ende der Brache die Fortsetzung des Weges und nun wird es abenteuerlich. Obwohl es nüchtern gesehen nur ein vergessener Wirschaftsweg ist, der dem Verfall preisgegeben ist und der nur einige Kilometer weit führt, sehen wir eine Art "Lost Place".

Auf jeden Fall war die Straßenmeisterei hier schon lange nicht mehr tätig. Der Straßenrand als solcher existiert nicht mehr. Strauchwerk und kleine Birken wuchern von der Seite in den Fahrweg. Der eine oder andere Sturmgeschädigte Baum hängt bedrohlich von der Seite über der Straße. Der Schotterbelag ist wegen der Nichtnutzung in garnicht so schlechtem Zustand, aber dafür liegt einiges an totem Geäst am Boden, das knirschend zerbricht, wenn wir darüber rollen. Aber der Weg ist wohl einst für Baufahrzeuge angelegt worden und daher breit genug, um trotz verschiedener Hindernisse durchzukommen. Schließlich erreichen wir einen malerischen See und die Straßen tangiert ihn nahezu auf der Höhe seines Wasserspiegels. Hier halten wir.

Ganz vergessen ist dieser Platz nicht. Angler scheinen hier auch gelegentlich zu kampieren, den direkt am Ufer steht ein aus Feldsteinen gesetzter Kamin, der wohl als Räucherofen dient.

Jetzt bemerken wir auch Bewegung auf dem See. Ein Biber gleitet in einiger Entfernung im Wasser vor uns hin und her, als würde er Patrouille schwimmen. Er zeigt uns, dass sie die Herren des Sees sind, die Biber. Und nach und nach kommen immer mehr Angehörige seines Clans in unsere Nähe und schwimmen ebenfalls Streife. Ihre Kreise ziehen sie dabei immer enger um uns, kein wirklich bedrohliches, aber doch seltsam unwirkliches Schauspiel. Wir sind fasziniert davon und beobachten es mindestens eine halbe Stunde. Das wir direkt hier kampieren wollen, ist schon so gut wie beschlossen und wir richten das Wohnmobil entsprechend aus. Dann widmen wir uns wieder dem Schauspiel, das uns die Biber geben. Zeitweilig können wir bis zu 7 Tiere gleichzeitig sehen.





Das Wirken der Biber sehen wir nun auch an beiden Seiten des Weges. Etliche Birken sind sauber kegelförmig durchgenagt und zu Fall gebracht. Einige liegen teilweise auf der Straße. Nachdem wir den großen Nagern lange genug bei ihren Schwimmübungen zugesehen haben, gehen wir zu Fuss weiter die Straße entlang, um noch weitere szenische Blicke auf den See zu bekommen.

Dabei entfernt sich die Straße gelegentlich etwas vom Ufer und wir entdecken an so einem Abschnitt einen kleinen Stichweg direkt zum Wasser. An seinem Ende ist eine kleine Lichtung mit Steg am Ufer, einer Picknikbank - alles sehr provisorisch aus Totholz zusammengezimmert und auch hier eine Feuerstelle aus Feldsteinen.

Also haben auch hier ein paar einheimische Angler sich ein nettes wildes Plätzchen geschaffen und wir requirieren es für die Nacht. Das Wohnmobil hier hinein zu manövrieren ist allerdings eine Herausforderung. Zwar ist unser Ford F-350 ein perfektes Offroad-Fahrzeug und den Allradantrieb schalten wir auch zu. Aber die Größe und vor allem die Länge macht das Wenden auf der kleinen Lichtung am Wasser zum Eiertanz.

Doch nun kann der romantische Tagesausklang beginnen. Mit einem stattlichen Lagerfeuer (und Bärenspray am Gürtel) fühlen wir uns sicher in dieser Wildnis, sodass wir bis zum Eintritt der völligen Dunkelheit hier verweilen. Aber in der Dämmerung lassen wir zuvor auch die Drohne wieder kreisen, was bei zunehmender Dunkelheit nicht ganz ohne ist, daher hier nur einige kurze Flugmanöver im Videoclip.




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