Dienstag, 26. September 2017

Von Edmonton durch den Nordwesten - Stikine Canyon, wo sind die drei Schwestern

R&G

Der Morgen am Stikine Canyon begrüßt uns feucht-kalt. Die Wolken hängen tief und der Wald ist regennass. Dennoch hat die herbstliche Stimmung ihren Reiz und die Herbstfarben beweisen ihre Leuchtkraft auch ohne Sonne.



Der Ort Telegraph Creek ist nicht mehr weit und wir erreichen ihn schon sehr bald, nachdem wir nach dem Frühstück losgefahren sind. Der Ort ist eine lose Ansammlung von Bungalow-artigen Leichtbauhäusern und er wirkt recht unbelebt. Er schmiegt sich entlang der Straße an den nördlichen Hang des Stikine Tals.

Wir fahren durch den Ort hindurch und folgen weiter der Telegraph Creek Road, die nochmals ein Stück schlechter wird. Laut Kartenmaterial und auch laut Navigationsgerät ist die Straße demnächst zuende. Sie hört einfach auf, wobei dort, wo sie endet, es in Zeiten der Besiedelung des Westens durch Europäer ein Fort der Hudson Bay Company gegeben hat. Goldrausch und Pelzhandel haben dem Ort namens Glenora eine kurzzeitige Blüte beschert. Laut Infomaterialien könnten von Glenora noch ein paar verfallene Blockhütten vorhanden sein. Ansonsten ist der Ort nicht mehr existent.

Das Ende der Straße erreichen wir bald. Die Straße mündet in eine Lichtung und führt zu einem Bootslaunch am Ufer des Stikine River. Die Tahltan First Nations haben hier ein Schild aufgestellt, mit dem Sie ihren Selbstverwaltungsanspruch und ihre Verantwortung für dieses Gebiet zum Ausdruck bringen.

Einige zerfahrene Waldwege gehen noch weiter, aber die Straße selbst ist hier (auch gemäß GPS) zuende. Überreste von Glenora können wir nicht finden, aber es gibt ein paar Holzbauten aus jüngerer Zeit - ein Saisonlager der Tahltan, ein Fish-Camp, welches aber verlassen ist.

Dafür stehen auf der Lichtung ein paar alte Pickups und auch Bootsanhänger herum. Wahrscheinlich sind Angler auf dem Fluss unterwegs.

Da wir keinerlei Hinweise auf Glenora und dessen historische Spuren entdecken können, wenden wir uns dem zweiten Ziel zu, der Erkundung der drei Schwestern. Die Three-Sisters-Rocks sind drei Felsen im Strom des Stikine Rivers, welche der Erosion standgehalten haben und nun aus der Strömung emporragen.









Unser Problem ist nur: Wir wissen nicht genau, wo sie sich befinden, außer, dass es bei Glenora sein soll.

Aber wir lassen uns nicht entmutigen und starten unsere Drohne zu einem Erkundungsflug. Ein ordentliches Stück lassen wir sie in beide Richtungen über den Fluss fliegen, doch vergebens. Einen Hinweis auf die Felsen im Wasser erhalten wir nicht.



Da die drei Schwestern aber ein Highlight am Ende dieser Sackgasse namens Telegraph Creek Road hätten werden sollen, geben wir uns noch nicht geschlagen. Ein Stück vorher sahen wir an der Straße einen Abzweig zu einer Lodge, die auf einem Schild auch als Pension geworben hat. Da der Weg bergauf führte, hoffen wir zum einen, von weiter oben einen Fernblick auf den Stikine River zu erhaschen, und zweitens an der Lodge nähere Auskünfte zur genauen Lage der drei Schwestern zu erhalten.

Der Weg zur besagten Lodge ist übel und sogar für unseren robusten und allradfähigen Pickup-Camper grenzwertig. Wenden können wir auch nicht - der Weg ist zu schmal und führt steil immer weiter bergauf. Wir sind also auf Gedeih und Verderb gezwungen, bis zum Ende zu fahren und an der ominösen Lodge auf eine Wendemöglichkeit zu hoffen.

Zum Glück gibt es diese Lodge tatsächlich und es gibt eine Wendemöglichkeit. Aber das Entscheidende ist: Die Lodge ist tatsächlich bewohnt. Das ist gut, denn eine Fernsicht auf den Fluss erschließt sich von hier oben nicht. Also bleibt nur das Fragen.

Am Tor scheint eine Art Lichtschranke einen Gong am Haupthaus auszulösen und es erscheint nach einiger Zeit ein Mann. Er ist wohl ein Zivilisationsaussteiger und Selbstversorger den er hat einen üppigen Gemüsegarten und einige Gewächshäuser. Für den Pensionsbetrieb stehen auch kleine Hütten auf der Lichtung.

http://www.telegraphcreek.com/index.php
Foto: Up-The-Creek B&B Lodge (Chalet)
Was die drei Schwestern anbelangt, gibt er uns Auskunft, auch wenn wir offensichtlich nicht als Pensionsgäste gekommen sind. Er sagt, die Felsen seien von der Straße aus nicht zu sehen und beschreibt uns, wie weit genau wir zurückfahren müssen. Zudem, so sagt er, gibt es einen Weg zum Ufer mit Blick auf die Felsen, der aber auf ein Privatgrundstück führt. Das sei aber kein Problem, denn die Besitzer bewohnen das Anwesen zur Zeit nicht, wir könnten da ruhig draufgehen. Wir bedanken uns für den Tipp (bei Rick McCutcheon) und verweisen an dieser Stelle auf die Webseite der Lodge: "Up the Creek Bed&Breakfast".

 Also machen wir uns wieder auf den Weg bergab auf dem halsbrecherischen Waldweg und finden auch die besagte Stelle an der Straße. Wir gehen allerdings nicht in den Privatweg hinein, sondern halten an einer Lasche hundert Meter weiter.

Hier werden wir die Drohne steigen lassen, um nun endgültig die Drei Schwestern zu dokumentieren. Der folgende Videoclip zeigt sie. Es sind ungleiche Schwestern. Ein Felsen ist riesig, der nächste - dicht am großen - deutlich kleiner und in gehörigem Abstand ein dritter ganz kleiner Felsen.



Alles in allem ein Attraktion, die uns nicht zu lange aufhält. Wir fahren schon bald wieder die Telegraph Creek Road entlang und diesmal den ganzen Weg zurück.

Noch vor dem Ort Telegraph Creek werden wir gleich zweimal aufgehalten. Das erste Mal ist es ein unfreiwilliger Stopp an einer kleinen Brücke. Hier werden Planken erneuert und wir können den Arbeitern dabei zusehen, wie sie mit einem Pressluft-Nagler die frischen Holzbohlen mit großen Nägeln fixieren.

Straßen und Verkehrsinfrastruktur scheinen in dieser Region auf den ersten Blick primitiv. Aber wir sehen zum wiederholten mal, dass man sich um deren Erhaltung durchaus kümmert und die Brücken und Straßen instand hält.

Mit einem der Arbeiter - einem Angehörigen der Tahltan First Nation, schwatzen wir noch kurz. Dann können wir passieren.

Der nächste Halt ist freiwillig. Wir sehen einen Grizzly vor uns auf der Straße und wollen ihn beobachten.

Leider ist er aber an einem Fotoshooting nicht allzu interessiert und läuft in gleichem Abstand vor uns her. Bei unserem Versuch, noch näher heranzukommen, schlägt er sich in die Büsche und verschwindet.

Nachdem wir Telegraph Creek passiert haben, fahren wir abermals durch den schrofferen Abschnitt des Stikine Canyon.












Es is noch immer bewölkt, aber die Wolken hängen nicht mehr so tief und wirken aufgelockert. Man sieht sogar ab und zu kurz die Sonnenstrahlen durchbrechen.

Dieser Straßenabschnitt ist landschaftlich überaus interessant und wir halten mehrere Male. Von oben wirkt der Stikine River wie ein Wildwasserfluss, der nicht allzu tief sein kann, aber wir wissen es besser. Steht man direkt am Ufer, so wird schnell klar, dass dieser Fluss breiter und wasserreicher als die Elbe ist. Und auch heute faszinieren die gelbleuchtenden Birkenwälder, welche die Landschaft prägen.

Das schmale Band des Stikine Canyon mit der Telegraph Creek Road zerschneidet diese Landschaft, die in alle Richtungen endlos und unbewohnt wirkt.

So nähern wir uns stetig dem Zusammenfluss von Tahltan River und Stikine River, wo der Canyon am schroffesten ist und wo auch der Ort Tahltan, das Stammeszentrum des Tahltan Reservates etwas abseits der Straße liegt.

Das Fish-Camp der Tahltan an der Mündung des Tahltan River ist nicht ganz verlassen. vor einigen Hütten stehen Pickups. Hier geht es nun über eine Brücke hinüber zum Felsengrat zwischen den beiden sich verbindenden Canyons.











Es ist ein landschaftliches Unikum und der Straßenverlauf ist verrückt. Erst geht die Straße eng am Fels bis hinunter in den Canyon und dann hinter der fragilen holzbeplankten Brücke wieder hinauf auf den schmalen Fels zwischen den beiden Flüssen. Zwanzigprozentige Gefälle der Straße sind dabei zu überwinden. Einige Impressionen dieser Landmarke zeigen die Fotos ringsum (alle per Klick vergrößerbar).




Doch am beeindruckendsten ist ein Blick von oben aus der Luft.

Wir halten also auf diesem fragilen Felsenwall aus Sedimentgestein und bereiten die Drohne zum Aufsteigen vor. Es ist allerhöchste Konzentration erforderlich, den gerade auf der Nordseite des Tahltan Canyons ist der Berg deutlich höher, als die Drohne für ein effektvolles Video fliegen soll und es bestünde Kollisionsgefahr, wenn wir zu leichtsinnig wären.

Doch alles läuft gut und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Schwenks und Perspektiven sind beeindruckend, wie das folgende Video beweist:



Es zeigt aber auch, wie brüchig der Felsengrat ist, über den die Straße geführt ist und man kann ahnen, das dies nicht für die Ewigkeit sein kann. Vielleicht sind es nur ein paar Jahre und Frost und Regen lassen irgenwann einen riesigen Felsbrocken zu Tale stürzen.














Der gewogene Betrachter möge die Fülle der Fotos entschuldigen, aber wir können uns nicht entscheiden, welche davon würdig sind, gezeigt zu werden und welche nicht. Daher zeigen wir hier eine größere Anzahl.

Und während die Drohne zuverlässig ihre Bahnen durch die Lüfte zieht, gesellt sich noch ein Weißkopfseeadler hinzu, der aber weniger Interesse an dem merkwürdigen Rieseninsekt hat, als vielmehr an Beutetieren am Boden.


Doch nun ist es an der Zeit, weiterzufahren. Das Tagesziel ist noch ein ordentliches Stück entfernt und dafür müssen wir zurück nach Dease Lake auf den Highway 37. Es ist der Kinaskan Lake und an dessen südlichem Ende der Campground des gleichnamigen Provinzparks.



Doch zunächst müssen wir die gesamte Telegraph Creek Road zurück. Der Zustand dieser Schotterstraße erlaubt jedoch maximal 60 kmh und zuweilen noch deutlich weniger. Also wird die Fahrt dauern. Vor allem der letzte, landschaftlich eintönigere Abschnitt zieht sich hin.

Doch irgenwann erreichen wir Dease Lake, total verdreckt und mit leerem Tank. Die Tankstelle in Dease Lake ist nicht die Billigste, aber wir haben keine Wahl und sorgen dort für einen vollen Tank.

Dann verlassen wir Dease Lake in Richtung Süden. Der Wegweiser hinter dem Ort verrät uns: Es sind nicht mehr ganz 500 km bis zum Ende dieses szenischen Highways.

Unser heutiges Ziel, der Kinaskan Lake ist nicht ganz so weit, aber immerhin noch über hundert Kilometer. Die wollen auch noch bewältigt werden, was bei Tempo 80 noch eineinhalb Stunden dauern wird. Denn der Highway 37, obwohl asphaltiert, ist hier in einem schlechten Zustand.


Es dämmert bereits, als wir den Campground am Kinaskan Lake erreichen. Doch er ist zugängig und wir finden einen schönen Platz am Wasser. Trotz des rauen unfreundlichen Wetters können wir zwischen Abendbrot und Nachtruhe noch ein Weilchen den Blick über den See genießen.













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