Donnerstag, 28. September 2017

Von Edmonton durch den Nordwesten - Spritztour zum Salmon Glacier und Hyder im Dauerregen

R&G

Der Morgen auf dem Bear River RV Park begann genauso trüb, wie der Abend zuvor. Wir haben gut geruht, aber der Campground selbst ist kein Tipp, den wir weitergeben würden - ziemlich teuer für die wenig attraktive Lage an der Hauptstraße und dem durchschnittlichen Service.

Es scheint sich nun einzuregnen, aber wir werden unsere Pläne natürlich so verfolgen, wie geplant und der Plan sieht folgendes vor: Wir fahren zuerst nach Hyder, ohne im Ort zu halten. Wir folgen der unbefestigten Straße am Salmon River entlang bis zum Bärenbeobachtungsplatz der US-Forstverwaltung. Danach soll es, sofern es die Straßenverhältnisse erlauben, zum Salmon Glacier gehen. Und schließlich mit Halt in Hyder zurück nach Stewart. Danach gehts zurück zur Meziadin Junction und zu unserem geplanten Übernachtungsplatz am Meziadin Lake. Soweit unser Plan und schon bald sind wir startklar.



Es sind nur wenige Minuten Fahrt durch Stewart, und schon ist man an der Grenze zu Alaska. Da Hyder auf der anderen Seite der Grenze praktisch eine Enklave ist, kontrolliert die USA diesen Übergang nicht. Abgesehen von der Möglichkeit, über den Fjord per Schiff den Ort zu verlassen, gibt es nur diese Zufahrt.

Im Nieselregen durchfahren wir Hyder, welches mit dem Nimbus einer Geisterstadt wirbt. In der Tat ist Hyder nach dem Ende des Goldrausches entvölkert gewesen, aber eine echte Geisterstadt war es nie. Auch heute lebt eine handvoll US-Aussteiger hier, die ein paar Souvenierläden betreiben.

Berühmt ist auch das US-Postamt, von dem aus man eine Ansichtskarte mit US-Poststempel von Alaska vesehen lassen und versenden kann.

Wir fahren weiter ins Tal des Salmon River, wo zu Zeiten des Goldrauschen die Claims der Goldsucher lagen. Heute führt hier eine geschotterte Wirtschaftstraße hinauf, die von einigen Erzminen und der Forstwirtschaft genutzt wird.

Auch am Salmon River belauern Adler die Fluten. Diesmal ist es ein Weißkopfseeadler, der geduldig im Regen das Wasser beobachtet.

Wir halten kurz darauf an einer Anlage, die speziell für die Beobachtung von Bären auf Lachsfang errichtet wurde. Es ist ein Bärenbeobachtungsplatz, den die US-Forstverwaltung errichtet hat, der "US Forest Bear Viewing".

Wir wissen, dass wir eigentlich zu spät sind und die Lachssaison vorbei ist. Doch wir wollen uns die Anlage mal anschauen, an der so viele spektakuläre Fotos von Bären beim Lachsfischen entstanden sind.



Die Anlage besteht eigentlich nur aus einem Parkplatz an der Straße, der etwas erhöht an einem Wildwasserbach liegt,welches etwas später in den Salmon River mündet. Von hier aus geht ein solider Plankensteg auf hohen Stelzen und mit umlaufender Brüstung an dem Flüsschen entlang. Um auf diese Tribünenartige Galerie zu gelangen, muss man eine Pforte mit Riegel passieren.

Erwartungsgemäß sehen wir keine Bären. Sobald der Lachszug vorüber ist, verlieren sie schlagartig das Interesse an diesem Ort, der nun einsam in herbstlicher Tristesse und im Dauerregen dahinschlummert.

Der gemäßigte Regenwald macht seinem Namen volle Ehre und umgibt uns mit Nässe und Nebel. Die Bäume und Äste sind überzogen von Moosen und Flechten und am Rande des Baches sehen wir sogar noch angenagte Fischreste.

Doch einen Nachzügler-Bären können wir leider nicht ausmachen. So schlendern wir in der Anlage einmal bis zum Ende und zurück und begeben uns dann wieder zum Wohnmobil.



In der Hoffnung auf eine Wetterbesserung fahren wir weiter auf der Forststraße in Richtung Salmon Glacier, zu Deutsch "Lachsgletscher".

Dieser Gletscher gilt als größter per Straße erreichbarer Gletscher Nordamerikas. Ja, es gibt noch größere Gletschersysteme auf dem nordamerikanischen Subkontinent, aber dort kann man mit Fahrzeugen nicht hinkommen.

Die Straße ist in schlechtem Zustand und schwierig zu befahren. Sie ist eng, nicht immer griffig, teilweise steil und bildet oft enge Serpentinen. Dabei gibt es durchaus Gegenverkehr. Von Zeit zu Zeit kommen Pickups oder auch Lastwagen - vermutlich von den Minen - die Straße hinunter. Kurioser weise verlassen wir Alaska und sind nun wieder auf kanadischem Gebiet.




Den Salmon Glacier sehen wir schon bald, zumindest seinen unteren Ausläufer. Die Straße ist bereits höher als dieser und wir blicken von oben auf ihn hinab.

Doch er zieht sich viele Kilometer durch das weite Tal, dem auch unser Schotterweg folgt.

Von verschiedenen Punkten aus können wir den starren, blauweißen und im Laufe des Sommers etwas angeschmuddelten Eisstrom bewundern. Und nach vielen weiteren Kilometern sehen wir auch sein Kumulationsplateau, wo sich im Winter unglaubliche Schneemengen ansammeln und aufstauen, bis sie zu Eis gepresst langsam talabwärts driften. Doch das Wetter will uns kein bisschen entgegen kommen. Es regnet weiter ununterbrochen und teils sogar sehr kräftig.


Allerdings gibt es uns ein Gefühl dafür, was es bedeuten könnte, wenn all das im Winter in Form von Schnee hinunter kommt.

Wir erreichen schließlich den Salmon Glacier Scenic Viewpoint. Weiter werden wir nicht fahren, auch wenn die Straße noch weitergeht.

Aber das Wetter deutet klar darauf hin, dass wir einfach nur im Wolkennebel verschwinden würden und nicht mehr sehen oder fotografieren würden. Das wir von diesem Viewpoint aus noch den Gletscher sehen und knapp unter der Wolkendecke ins Tal hinab fotografieren können, ist sogar noch als Glück zu bezeichnen.

Schließen kämpfen wir uns den selben Weg wieder zurück. Dabei erhaschen wir sogar gelegentlich den einen oder anderen schönen Fernblick.

Wir entschließen uns auch nochmal, an der Bärenbeobachtungsstation zu halten, doch trotz eines erneuten längeren Spazierganges sehen wir auch diesmal keine Bären.

Somit fahren wir wieder nach Hyder in die "fast"-Geisterstadt. Wir wollen mal schauen, ob es uns gelingt, etwas Alkohol zollfrei einzukaufen.
Aber es sieht nicht gut damit aus. Die paar Läden an der Hauptstraße sind Souvenir- und Klimbimläden. Ein Laden mit der Aufschrift "General Store" entpuppt sich als Eisenwaren- und Waffengeschäft dessen Inhaber uns zu verstehen gibt, dass ihm Leute, die was kaufen wollen, lieb sind, aber die die nur gaffen kommen, nicht so willkommen seien.

Alkohol gäbe es nur dort, wo auch die Bar sei, sagt er und wünscht uns "good luck". Aber dass dort ein günstiger zollfreier Einkauf möglich sein könnte, glauben wir nicht wirklich und fahren noch in eine Seitenstraße des Ortes.


Vielleicht würden wir ja doch noch einen echten General Store finden. Doch diese Hoffnung erfüllt sich nicht. Dafür geht aber ein anderer Wunsch in Erfüllung. Als wir den Rand des Ortes erreichen und hier den kommunalen Abfallhof vorfinden, entdecken wir einen Schwarzbären, der sich genau für diesen Abfallplatz interessiert.

Der Statur und dem Verhalten nach zu urteilen, ist dies ein älteres Männchen. Er wirkt besonnen oder gar behäbig. Als er uns sieht, hält er inne und beobachtet, was wir den vorhaben.

Aber im Gegensatz zu den Einwohnern sind wir nicht hier, um eine Ladung Müll abzukippen, sondern beobachten nun widerum ihn und sind ganz reglos.

Dennoch bleibt er argwöhnisch und beobachtet uns weiter, statt nach Essbarem zu stöbern, weswegen er offensichtlich hier ist. Wir beobachten ihn noch eine ganze Weile.




Vielleicht hat er auch schlechte Erfahrungen mit den Einwohnern hier gemacht - es wäre nicht verwunderlich, wenn Bären in der Nähe von Ortschaften hier auch mit Gewehrsalven vertrieben würden.

Dieser alte Knabe jedenfalls macht einen sehr misstrauischen Eindruck und verharrt an seiner sicheren Position. Es erstaunt, wie er trotz des nässenden Regens ein so trocken wirkendes dichtes Fell behält.

Eine etwas merkwürdige Situation ist es schon, wie wir in Sichtweite der letzten Häuser von Hyder am Gemeinde-Müllplatz im Auto sitzend diesen Bären beobachten, der seinerseits wartet, bis wir verschwunden sind, um auf der Deponie zu stöbern.


Wir fahren schließlich zurück zur Hauptstraße und dann zur Grenze nach Kanada. Auf dem Rückweg gibt es sehr wohl eine Grenzkontrolle, und zwar von kanadischer Seite. Wir werden das Übliche gefragt: Alkohol, frische Lebensmittel, Feuerholz und Feuerwaffen. Nachdem wir alles verneint haben, können wir passieren und fahren bis Stewart.




Stewart ist keine Geisterstadt, aber dennoch sehr hinterwäldlerisch. Zumindest gibt es einige reale Geschäfte, auch einen ganz ordentlichen Lebensmittelladen.

Wir kehren auch ein. Im King-Edward-Hotel an der Hauptstraße gibt es ein Restaurant, wo wir uns ein Abendbrot gönnen und dies mit einer WLAN-Session verbinden.

Im Anschluss daran bevorraten wir uns im Liquor Store (im gleichen Gebäude) mit Bier und Wein.


Doch noch immer ist es regnerisch und in den umliegenden Bergen hängen die Wolken fest. Wir schlendern noch ein wenig durch die verschlafene Stadt und auch ein paar hundert Meter durch die Marsch am Fjordende, die als kleiner Stadtpark gestaltet ist.

Dann begeben wir uns zum Wohnmobil und machen uns auf den Rückweg zur Meziadin Junction.

Zuvor wollen wir noch die Gelegenheit nutzen und an der örtlichen Tankstelle tanken, aber die hat keine Diesel-Zapfsäule. Da wir nicht klären wollen, wo es im Ort noch eine andere Tankstelle mit Diesel geben könnte, entschließen wir uns, an der Raststätte Meziadin Junction zu tanken und fahren auf den Highway 37a zum Bärenpass.

Einen kleinen Zwischenstopp etwas außerhalb des Ortes gönnen wir uns noch. Es ist ein kleiner Friedhof am Straßenrand, der etwas eigentümlich wirkt und mit dem Auto befahren werden kann, was wir aber nicht machen. Wir stellen den Camper vor dem Tor ab und schlendern zu Fuss einmal über den Gottesacker.

Schließlich fahren wir bis zur Meziadin Junction durch und können dort erfolgreich volltanken.  Unser avisiertes Tagesziel ist nun nur noch einige Kilometer entfernt. Es ist der Meziadin Lake Campground. Doch als wir hier eintreffen, ist die Enttäuschung groß. Er ist geschlossen und zwar richtig, denn das Tor ist zu. Es gilt nun, eine Alternative zu finden und wir fahren erstmal weiter.

Wir checken entlang des Highways in südlicher Richtung einige Waldwege, aber können nichts finden, was uns zusagt. Doch schließlich finden wir einen Weg mit Hinweisschild zu einem Fischcamp und den nehmen wir.

Bevor das besagte Fischcamp erreicht ist, durchfahren wir ein heideartiges lichtes Waldstück. Hier gehen mehrere Wege seitlich ab und enden auf weitläufigen Lichtungen. Es sieht aus, wie ein Campground, aber ohne Picknikbänke und Feuerstellen. Wir erwählen eine solche Lichtung und sind für heute am Ziel. Was es mit dem Fischcamp auf sich hat, werden wir morgen erkunden, aber es scheint nicht verlassen zu sein. Durch die Bäume hindurch sehen wir mehrmals Pickup in diese Richtung fahren oder von dort kommen.

Wir aber nehmen zur Kenntnis, dass der Regen praktisch aufgehört hat. Und obwohl der Wald triefend nass ist, machen wir noch einen kleine Spaziergang durch die lichte Kiefernaue, bevor wir uns zum Tagesausklang ins Wohnmobil zurück ziehen.

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