Sonntag, 24. September 2017

Von Edmonton durch den Nordwesten - Highway 37, British Columbias westlichste Fernstraße in den Yukon

R&G

Wir erwachen gut ausgeruht am - ja wie heißt er eigentlich, dieser namenlose See? Sollten wir ihn Biber Lake taufen? Weder in Google Maps, noch sonst wo werden wir fündig. Wahrscheinlich hat er wirklich keinen Namen, wie abertausende Seen zwischen dem 60. Breitengrad und dem Nordpolarmeer. Für's Protokoll (und das Tagebuch) nennen wir ihn "namenloser See" - The Nameless Lake. Im Osten bildet die aufgehende Sonne im Hochnebel eine Nebensonne. Diese Halo-Erscheinung ist in nördlicheren Gefilden häufiger, da sie einen Nebel aus Eiskristallen erfordert.

Der namenlose See ist ein Ort, der nahezu frei von Zivilisationslärm ist. Nahezu bedeutet, dass, wenn man ganz still ist, man gelegentlich und ganz fern die ganz großen Brummer vom Alaska Highway hören kann. Ansonsten ist die Ruhe himmlisch und nach dem Frühstück würden wir am liebsten bleiben. Aber die Straße ruft, die Ferne lockt und wir haben leider auch eine gewisse Planung einzuhalten. Also arbeiten wir uns mit Allrad vom See zur vergessenen Service-Straße hoch und von dort ein paar Kilometer zum Alaska Highway.

Der Highway verläuft nun westwärts und windet sich mal diesseits, man jenseits des 60. Breitengrades entlang, also mal British Columbia, mal Yukon im Wechsel. Als die Ortschaft Lower Post auftaucht, biegen wir spontan zum Ortskern ab. Dieser wirkt trist. Es ist eine Reservatssiedlung einer einheimischen First Nation, wie die indigene Bevölkerung in Kanada offiziell heißt.



Nach einer Runde durch den Ort ohne Stopp fahren wir auf dem Alaska Highway weiter und erreichen Watson Lake.

Watson Lake ist nach Whitehorse und Dawson City einer der größeren Orte im Yukon und erlangte große Bedeutung beim Bau des Alaska Highway. In dieser Zeit wurde sogar erwägt, Watson Lake zur Hauptstadt des Yukon zu küren. Heute ist Watson Lake ein Zentrum der regionalen Holz und Bergbauindustrie. Für Touristen ist neben dem Northern Light Centre eine kleine Ausstellung an der Visitor Information und der berühmte Schilderwald interessant. 2011 hatten wir hier ebenfalls ein Schild angebracht und 2016 nicht wiedergefunden. Um es diesmal besser hinzubekommen, haben wir ein Foto mit unserem Schild aus dem Jahre 2011 dabei.












Doch zuerst gehen wir in den Supermarkt und ergänzen unsere Lebensmittelvorräte. Das nächste Ziel ist die Visitor-Information. Hier gibt es die besagte kleine Ausstellung (durchaus sehenswert), komfortable WCs, freundliche Touristenberater mit vielen Tipps und Info-Prospekten sowie WLAN. Letzteres lässt uns hier in den Lounge-Sesseln länger abhängen als gedacht. Doch unsere Schildersuche haben wir nicht vergessen und wir begeben uns in das Meer an Pfosten, die mit Schildern übersät sind.

Aber auch diesmal gestaltet sich die Suche schwierig. Es sind seither unzähliche Pfosten mit Schildern hinzugekommen und das Vergleichsfoto lässt den Bereich der Anlage nicht eindeutig erkennen. Wir laufen auf und ab, und hin und her. Doch es will sich kein Erfolg einstellen. Wir fragen in der Visitor Information nach, ob auch mal Schilder enfernt werden, aber das wird verneint. Alle Schilder, selbst wenn sie bis zur Unkenntlichkeit verwittert sind, bleiben an ihrem Platz, wird uns versichert.

Also suchen wir weiter und gehen nochmals Reihe für Reihe durch. Zu guter Letzt finden wir es doch. Kein Wunder, dass es so schwer zu finden war. Es ist kaum noch was Erkennbares übrig geblieben. Wir müssen feststellen, dass es einfach nicht die geeignete Ausführung für solche klimatischen Bedingungen ist, wenn man ein laminiertes Poster auf eine Leimholzplatte klebt und dies nochmal mit Bootslack überzieht.

Die Karte des Landkreises Verden mit einigen Fotos dekoriert, ist nicht mehr zu erkennen. Die laminierte Schicht mit den aufgedruckten Motiven hat sich teilweise abgelöst und flattert lose am Brett herum.

Aber zumindest haben wir die selbstgestellte Aufgabe gelöst, die Tafel wiederzufinden und wir haben trotz der Enttäuschung über deren Zustand auch etwas gelernt: "Halte es simpel und robust, dann hält es länger".

Nun können wir uns noch einigen weiteren Erledigungen in Watson Lake zuwenden. An der Visitor Information füllen wir Frischwasser auf. Abwässer müssen wir an einer anderen Stelle im Ort dumpen. Die Dame im Besucherzentrum erklärt uns das und wir finden es leicht. Die letzten beiden Ziele im Ort sind der Liquor Store und die Tankstelle, dann sind wir für den nächsten nicht unbeträchtlichen Wildnisabschnitt gewappnet.

Wir verlassen Watson Lake westwärts, fahren aber nicht allzu weit. Schon bald kommt eine Brücke, die abermals über den Liard River führt und bald darauf die Junction 37. Führe man weiter gerade aus, so würde man nach knapp 1400 Kilometern Fairbanks in Alaska und damit das Ende des Alaska Highway erreichen. Wir aber biegen hier nach Süden ab, auf den Highway 37, den Stewart-Cassiar Highway, einer 873 Kilometer langen Verbindung zwischen dem Yukon und British Columbia, der westlichsten in Kanada.

Wer uns nicht in den Süden folgen will und lieber weiter in den Yukon vordringen möchte, der möge zu diesem Blogbeitrag ins Jahr 2016 wechseln, nochmals bis zu den Liard River Hotsprings zurückgehen und sich der Reise bis Whitehorse anschließen.

Wir aber folgen dem Steward-Cassiar Highway südwärts, dessen nördlicher Abschnitt auch Dease Lake Highway genannt wird und erreichen bald wieder die Grenze zu British Columbia.

Hier legen wir einen Stopp ein und lichten uns zum Beweis, hier gewesen zu sein, an dieser Landmarke fotografisch ab. Wir finden die Gestaltung des Yukon-Schildes, welchem wir nun den Rücken kehren, schöner. Der Slogan, der klein unter dem großen "YUKON" steht, lautet "Larger Than Live", größer als das Leben. Klingt pathetisch, passt aber irgendwie.

Voraus liegt British Columbia, dessen Begrüßungsschild biederer wirkt. Allerdings ist British Columbia keineswegs langweilig oder weniger imposant. Im Gegenteil, es ist die wohl landschaftlich schönste Provinz in Kanada und der Highway 37 wird das auf den nächsten fast 1000 Kilometern bereits eindrucksvoll beweisen.

Gerade als wir uns zur Weiterfahrt bereit machen, hält ein Pickup, dem vier junge Männer entsteigen. Es sind Jäger, die genau an der Grenze beider Provinzen mit Gewehren im Wald entschwinden.

Für uns geht es nun weiter auf dieser spärlich befahrenen Landstraße, die durch wenige Orte, dafür aber viel Landschaft geprägt ist. An einigen Stellen halten wir, um die Fernblick und die erhabene Stille zu genießen.


Ein Phänomen wird am Stewart-Cassiar Highway allerdings deutlich, was wir auch andernorts schon beobachten konnten. Die Wälder werden regelmäßig von Waldbränden heimgesucht und hinterlassen auf Jahre grau-schwarze Flächen toter Baumgerippe, die sich allerdings mittelfristig als Verjüngungskur für die Vegetation erweisen.

Das Wetter ist heute durchwachsen, bietet aber auch sonnige Abschnitte. Trotz gelegentlicher Stopps nähern wir uns langsam unserem Tagesziel. Nur etwa 90 Kilometer von der Junction 37 entfernt liegt der Boya Lake. Er ist eingebettet in ein gediegenes Bergpanorama und bildet eine Wasserlandschaft mit vielen Inselchen darin.

Er ist ein Anglerparadies, aber er ist vor allem ein Anlaufpunkt für Camper auf der Durchreise. Und so erklärt sich auch, dass der Campground geöffnet ist. Es sind schon einige Stellplätze belegt, obwohl wir relativ zeitig da sind. Dennoch finden wir einen schönen Platz direkt am Wasser.


Nachdem wir uns auf dem Platz eingerichtet haben, kommt schon bald die Platzwärterin mit einem Quad angetuckert. Auf einer kleinen Ladefläche hat sie Feuerholz zum Verkauf. Da wir versorgt sind, kassiert sie nur die Platzgebühr. Später fragen wir sie noch, ob sie eventuell ein Kanu im Verleih hätte.
Ja, hätte sie, aber nur ein einziges Kanu für 2 Personen, alles andere seien Einmann-Kajaks.

Damit beschließen wir, morgen früh eine Kanutour zu machen und am morgigen Vormittag den See zu erkunden. Aber jetzt schlendern wir in der Umgebung des Campgrounds herum und bewundern die Natur in der Ferne und auch im Nahen. Dabei fallen uns auch wieder diese speziellen Birkenblätter auf, die im herbstlichen Dahinwelken tribal-artige Linien bilden. Ein Phänomen, welches wir anderwo noch nicht beobachtet haben. Oder liegt es nur daran, dass wir
hier und jetzt besonders viel Muse für das Beobachten der Natur entwickeln?


Auch ein Baumhörnchen, das im Geäst sitzt und possierlich an etwas knabbert, beobachten wir eine geraume Weile. Dann treibt uns ein drohender Regenschauer zum Camper zurück. Als dieser durch ein Wolkenloch von Sonnenstrahlen getroffen wird, sehen wir über dem gegenüber liegenden Ufer einen Teilregenbogen.


Die Schauerneigung bleibt bis zur Dämmerung bestehen. Dennoch finden wir Gelegenheit, in den Campingstühlen und am Lagerfeuer den Blick über den See zu genießen, bevor wir uns zur Nachtruhe in den Camper zurückziehen.

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