Donnerstag, 25. Juni 2015

Einmal Yellowstone und zurück... Bogental zwischen Tunnelberg und Schwefelberg

R&G

Heute werden wir uns Banff City anschauen. Der Tunnel Mountain Village 1 Campground liegt zwar am Ortsrand von Banff, aber doch schon im Wald. Um zu Fuß in die Stadt zu gehen, ist es doch recht weit. Zudem haben wir nur für eine Nacht eingecheckt und müssen ohnehin zum Check-In fahren. Da der Platz uns aber gefallen hat, wollen wir noch um eine Nacht verlängern und dann in den Ort fahren.

Check-Out und Check-In gestalten sich problemlos, aber da wir diesmal kein Feuerpermit benötigen, bekommen wir einen Platz in einer feuer- und rauchfreien Schleife des Campgrounds zugewiesen. Bevor wir in die Stadt weiterfahren, vergewissern wir uns, dass es eine Dumpstation gibt. Schließlich ist Morgen der Tag der Rückgabe des Wohnmobiles.

In Banff gibt es sogleich die erste Herausforderung zu meistern und dies ist die Eroberung eines geeigneten Parkplatzes. Es gibt einige Parkplätze in relativer Nähe zum Ortskern, aber die sind schon ziemlich voll und meist nicht für Wohnmobile geeignet. Doch nach einigem Zick-Zack - wir müssen noch nicht einmal eine Ehrenrunde fahren - finden wir eine letzte Lücke zwischen anderen, bereits in Reih und Glied parkenden Wohnmobilen. Der Platz ist strategisch bestens gelegen und es sind nur drei Minuten bis zur zentralen Straße von Banff, beziehungsweise bis zum Bow River.

Banff ist der Hauptort des Banff Nationalparks und dieser ist der älteste Nationalpark Kanadas. Somit hat sich das Städtchen, das 1884 seinen Namen von einem Direktor der Canadian Pacific Railway erhielt, bereits seit 1885 eine Entwicklung als Erholungsort genommen. Er ist für kanadische Verhältnisse also eine geschichtsträchtige Stadt. Vor allem aber ist sie ein touristischer Schmelztiegel, der jährlich von riesigen Touristenscharen besucht wird. Dementsprechend bietet das Städtchen, welches selbst nur knapp 7000 Einwohner hat, eine Menge an Übernachtungsmöglichkeiten, Gastronomie und Shoppingangeboten. Wenn irgendwas in Kanada mit noblen Schweizer Alpenkurorten vergleichbar ist, dann wäre es Banff.
Als Zentrum des Nationalparks hat die Stadt natürlich auch kulturelle Angebote, darunter einige Museen und ein Besucherzentrum. Dies steuern wir als erstes an.

Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass die Besucherzentren eine gute Informations- und Inspirationsquelle für Unternehmungen in der Umgebung sind. Kostenloses Informationsmaterial und freundliche Ranger helfen einem weiter. Aber auch die Chance auf ein anderes kostenloses Angebot ist groß: kostenloses WLAN.

Nach einem kleinen Umweg - wir sind in eine falsche Seitenstraße eingebogen - finden wir das Visitor Center und versuchen, ein Plätzchen in einem Lounge-Sessel zu ergattern. Das Besucherzentrum ist allerdings sehr voll. Daher erwischen wir gerade mal einen freien Sessel, zudem ist dieser - nicht sehr diskret - mit dem Rücken einem Infoschalter zugewandt. Kostenloses WLAN gibt es zwar, doch auch dieses leidet unter der Vielzahl surfender Gäste und ist extrem lahm. Letztlich erledigen wir nur die dringendsten Sachen, vor allem E-Mail-Grüße und geben schließlich auf.

Nach dem Verlassen des Besucherzentrums schlendern wir die Banff Avenue entlang in Richtung des Bow River. Die meisten Läden an der zentralen Straße sind Souvenirläden, aber auch Bekleidung und Luxusartikel werden feilgeboten. Dazwischen stehen Hotels und Pensionen, Restaurants und der eine oder andere Lebensmittelladen. Läden sind verführerisch und wir schauen in manch einen hinein.

Am Ende der Banff Avenue überquert die Straße den Bow River und führt dann weiter zum Fairmont Banff Springs Hotel. Wir biegen vor der Brücke ab und begeben uns in den Park, der sich am Ufer des Bow River entlangzieht. Auf einer Parkbank picknicken wir mit Blick auf den Fluss. Da wir einen Rucksack mit allem Notwendigen dabei haben, sind wir unabhängig wie die Stadtkaninchen.

Der Bow River in Banff ist etwa mit dem Rhein bei Liechtenstein zu vergleichen. Er fließt noch als Wildwasserfluss, aber schon in beträchtlicher Breite durch ein weites Tal, das Bow Valley und wird schon bald die Berge in die Ebene im Osten nach Calgary verlassen. Auf der Parkbank entspannend, beschließen wir, auf der anderen Flussseite dem Parkstreifen in Richtung Fairmont Banff Springs Hotel zu folgen.


Dazu überqueren wir den Fluss nicht über die Autobrücke, sondern eine hundert Meter weiter flussabwärts befindliche Fußgängerbrücke, die Teil des Parkwegesystems ist. Auch auf der anderen Flussseite bildet der Grünstreifen am Fluss einen waldartigen Park. Dahinter sieht man Häuser zwischen den Bäumen, aber dies sind nun vornehmlich Pensionen und Ferienhäuser. Auf den Parkwegen sind viele Spaziergänger unterwegs - hauptsächlich Touristen. Aber hier tritt noch eine weitere Kategorie von Urlaubern in Erscheinung, nämlich Kurgäste. Vermutlich wohnen sie in den umliegenden Pensionen und Ferienwohnungen und joggen oder spazieren im Park oder führen ihre Hunde aus.

Nach einigen hundert Metern wird das Ufer steil und der Weg führt über Treppen nach oben. Auf beiden Seiten ist der Fluss nun von Felsen eingeengt und die Strömung wird wilder. Nach Erklimmen der Stufen blicken wir von einem erhöhten Aussichtspunkt über den Fluss und sehen unter uns das Wasser in Stromschnellen, ja Wasserfällen hinabtosen. Zudem hat sich der Blick nach hinten geöffnet und wir sehen den trutzig-mondänen Bau des Banff Spring Hotels mit dem Sulphur Mountain im Hintergrund.

Genau genommen ist es die Rückseite des Hotel, die wir sehen, denn die Vorderseite mit dem Haupteingang zeigt in Richtung Sulphur Mountain. Einer Legende zufolge sollen die Baupläne um 180° gedreht worden sein, als der Bau errichtet wurde, so dass versehentlich der Blick über den Bow River hinüber zum Tunnel Mountain der Rückseite des Gebäudes zuteilwurde.

Hier halten wir uns ein Weilchen auf und schlendern schließlich zurück. Im Ortskern werden wir uns nach einer gastronomischen Gelegenheit umschauen um einen Happen zu essen. Wir laufen gemächlich denselben Weg zurück und genießen die müßiggängerische Stimmung des Kurparkes, bis wir wieder über die Fußgängerbrücke in die Innenstadt eintauchen.

An einigen Kreuzungen der Banff Avenue gibt es Ampelschaltungen, die wie in Tokyo, rot für Autos aller Fahrtrichtungen schalten und den Fußgängern das Passieren der Kreuzung in alle Richtungen erlaubt. Wir beobachten diese Regelung voller Faszination. Die Fußgängerüberwege sind an diesen Kreuzungen auch diagonal aufgezeichnet und wenn die entsprechende Phase eintritt, läuft eine Menschenmenge an allen vier Einmündungen und über beide Diagonalen zum gegenüberliegenden Trottoir.

Wir schlendern die Banff Avenue entlang und halten gezielt Ausschau nach einem Restaurant, das uns zusagt. Schließlich sehen wir an einer Straßenkreuzung in der Nähe des Besucherzentrums ein Gebäude mit großem Eckbalkon im Obergeschoss, wo biertrinkende Gäste logieren. Das macht uns neugierig und wir suchen den Eingang. Dieser ist nicht leicht zu finden, denn im Erdgeschoss befindet sich eine Reihe von Boutiquen. Doch dann gelangen wir über eine Treppe ins Obergeschoss und schließlich ins Restaurant.

Balkonplätze seien leider alle besetzt, teilt uns eine Kellnerin mit, aber es gibt in einem der Räume eine offene Fensterfront mit einem Bartresen. Man stelle sich dies vor, wie ein extrabreites Fensterbrett - so breit, wie ein Tresen mit Barhockern davor. Das ist natürlich eine gewitzte Alternative zum Balkon und wir nehmen Platz. Eine richtige Bar mit Zapfhähnen gibt es in diesem Raum auch und ein Barmann mit Threadlocks und löchrigem T-Shirt nimmt unsere Bestellung auf. Ein großes Glas Wasser für jeden gibt es gratis vorweg. Das Restaurant nennt sich Wild Bill Saloon und ist im Western Stil dekoriert. An den Wänden hängen Reproduktionen von Fotos aus den Zwanzigern die vom Leben der Cowboys zeugen.

Wir bestellen jeder ein Bier und ein Wildlachsgericht mit unterschiedlichen Beilagen und bauen das Notebook auf, denn es gibt freies WLAN. Es ist diesmal wirklich schnell und wir können auch Bilder hochladen. Vom Fenster aus haben wir einen Blick über die Banff Avenue und eine dieser Kreuzungen mit der verrückten Fußgängerphase. Darüber erhebt sich das Bergpanorama des Bow Valley mit dem Tunnel Mountain im Vordergrund.

Bald kommt das Essen und es ist schmackhaft. Allerdings ist es auch ungewöhnlich, wenn man deutsche Maßstäbe anlegt - so auch ein Biskuit im Arrangement des Hauptgerichts.

Wir sitzen zu gut, um nach dem Essen gleich zu zahlen. Daher strecken wir unsere Getränke zeitlich in die Länge und nutzen das Internet noch ein Weilchen. Träge entschließen wir uns, um die Rechnung zu bitten und machen uns alsbald auf den Weg.

Obwohl wir nur in der Stadt unterwegs waren, empfanden wir das Pensum durchaus als umfangreich. Daher begeben wir uns langsam schlendernd zum Parkplatz, um zum Campground zurück zu fahren. Die Stadt scheint überzuquellen vor Urlaubern und wir bahnen uns unseren Weg über die Bürgersteige bis zu unserem Wohnmobil. Dann rollen wir im hier üblichen Kriechtempo durch die Stadt in Richtung Tunnel Mountain.
Noch einmal passieren wir dabei die Kreuzung mit der verrückten Fußgängerampel.

In der Nähe des Campgrounds steuern wir noch einen Aussichtspunkt an, wo man hoch über dem Bow River ins Tal hinab schaut. Der Tunnel Mountain liegt rechter Hand in unmittelbarer Nähe. Sein Name stammt von den unverwirklichten Plänen der Canadian Pacific Railway, einen Tunnel hindurch zu bohren. Aus Kostengründen wurde jedoch eine Lösung verwirklicht, die um den Berg herum führt. Daher macht die Bahnstrecke nun einen Bogen über die Cascade Ponds zwischen Tunnel Mountain und Cascade Mountain, den wir im Norden aufragen sehen.

An diesem Aussichtspunkt sieht man praktisch nur die Landschaft als großartiges Gebirgspanorama. Die Stadt Banff verbirgt sich vollständig hinter dem Tunnel Mountain. Man hat diesen Ausguck sogar mit Relax-Sesseln ausgestattet, die wir in Anspruch nehmen.

Nachdem wir zurück auf den Campground gekommen sind, ist noch genügend Zeit, um ein wenig Ordnung ins Wohnmobil zu bringen. Wir haben es morgen besenrein, vollgetankt und mit gelehrten Abwassertanks abzuliefern. Für die Besenreinheit sorgen wir schon mal vor. Die Abwassertanks werden wir morgen früh an der Dumpstation leeren. Und was das Tanken betrifft, so sind wir etwas beunruhigt über den schon so niedrigen Tankfüllstand. Aber der Ehrgeiz, mit dem US-Sprit noch bis Calgary zu kommen, hat uns nicht verlassen. Was machbar ist, wird der morgige Tag zeigen.


Die Loop, in der wir heute stehen, ist ohne Feuerstellen. Sie ist auch gut belegt. Am Abend sehen wir keine freien Plätze mehr. Auch diese Loop ist mit einem Sanitärgebäude in der Mitte des Ovals von Stellplätzen ausgestattet und auch hier sind warmes Wasser, Duschen und WC vorhanden. Wir verbringen noch einen ruhigen Abend, der nur von Zeit zu Zeit durch das Signalhorn der Canadian Pacific gestört wird.

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