Montag, 22. Juni 2015

Einmal Yellowstone und zurück... Ist Radium gesund?

R&G

Die Pläne für den heutigen Tag sind klar definiert. Am Ende des Tages aber werden wir aufgrund überraschender Umstände doch wieder - anders als geplant - einige Vorhaben angepasst haben. Aber dazu kommen wir noch.

Es begrüßt uns ein herrlicher sonniger Morgen. Da fällt es noch schwerer, diesen malerischen Ort zu verlassen, aber wir haben einen Plan und wir haben ein Ziel. Und das Ziel lautet für heute: Kootenay Nationalpark. So rollen wir schon bald nach dem Frühstück vom Platz und unsere erste Pflichtübung ist es, an der Ausfahrt des Campgrounds die Dumpstation zu nutzen und Abwasser abzulassen. Auch Frischwasser wird aufgefüllt.

Es geht aber zuerst einmal tiefer in die Berge und weiter vom Highway weg. Wir wollen uns dem Whiteswan Lake anschauen, der diesem Provinzpark den Namen gab. Dazu umrunden wir den Alces Lake zur Hälfte und folgen dann dem Tal. Der Whiteswan Lake erscheint nach wenigen Kilometern. Er ist größer, als der Alces Lake und schroffer von den umliegenden Bergen umschlossen. Er bietet zwei weitere Campgrounds, einen am oberen Ende des Sees und einen am unteren Ende, wo wir zuerst halten.

Es liegt noch eine morgendliche Stille über dem See, als wir einen Bootssteg betreten. Dennoch ist bereits ein Angler unweit auf dem Wasser. Wie wir so den Ausblick genießen, kommt ein weiterer Mann vom Campground zum Anleger hinunter. Er spricht uns auf Deutsch an. Offensichtlich hat er uns mit Blick auf unser Wohnmobil als deutsche Touristen identifiziert, wie er selbst auch einer ist. Also unterhielten wir uns ein wenig über unsere jeweiligen Reisepläne.

Dann fuhren wir noch fast bis zum oberen Ende des Whiteswan Lakes, wo wir dann auch Motorboote auf dem Wasser sahen. Das Bergpanorama des Sees ist wunderschön und das Wasser von türkisfarbenem Schimmer. Nach einem weiteren Stopp kehren wir um und fahren zurück in Richtung Alces Lake. Von Zeit zu Zeit kommen Holzlaster vorbei und ziehen mächtige Staubfahnen hinter sich her.

Auch am Alces Lake halten wir nochmal und können kapitale Forellen im klaren Wasser beobachten. Nun aber rumpeln wir endgültig die Schotterstraße hinunter zum Highway. Wieder zurück auf dem Asphalt könnte man glatt wehmütig werden, denn wahrscheinlich war dies die letzte nennenswerte Strecke auf Schotter.

Nun geht es nordwärts auf dem Kootenay Highway. Wir passieren Canal Flats und überqueren abermals den Kootenay River. Nun verläuft der Highway parallel zum Columbia Lake, welcher ein Teil des Columbia River-Flusssystems ist. Am nördlichen Ende des Sees, unweit von Fairmont Hotsprings halten wir an einer Stelle, die eine Fernsicht über den See von einem Hügel aus verspricht. Wir steigen hinauf und finden unsere Erwartung erfüllt. Ein grandioser Ausblick über den See mit den Rockies im Hintergrund lässt uns einen Augenblick verweilen und auch fotografieren.

Dann fahren wir weiter und passieren ohne Stopp Fairmont Hotsprings. Der Verkehr nimmt zu, da wir den Großraum Invermere passieren. Dann kommt Radium Hotsprings in Sicht.

Der Ort ist uns aus dem vergangenen Jahr bekannt. Damals kamen wir von Nordwest über Golden hierher um dann ostwärts durch den Kootenay Nationalpark zu fahren. Dabei haben wir zum einen ausgiebig im Besucherzentrum (Visitor Center) das WLAN genutzt und danach einige Stunden in den heißen Quellen entspannt. Genau dies steht nun wieder auf unserem Plan. Also parken wir am Besucherzentrum so dicht wie möglich am Gebäude.

Unsere Erfahrung in ähnlichen Situationen der Vergangenheit hat gezeigt, dass man in solchen Fällen noch außerhalb des Gebäudes, ja sogar im Wohnmobil noch ganz passablen WLAN-Empfang hat. Auch diesmal klappt es gut und wir können einige ausstehende Dinge im Internet erledigen, ohne dabei in einem öffentlichen Raum mit wechselndem Besucherverkehr zu sitzen. Neben ein paar E-Mails, die schnell beantwortet sind, besteht natürlich der ehrgeizige Wunsch, auch schon einige Fotos hochzuladen und Verwandten und Bekannten zugänglich zu machen. doch genau das ist ein unheimlicher Zeitfresser. Für das Upload vieler Fotos ist die Verbindung dann doch nicht flink genug. Also brechen wir nach einer Weile ab, ohne alles hochgeladen zu haben, was wir so zeigen wollten. Aber es wird Zeit, da wir in die heißen Quellen wollen, und das wird auch viel Zeit beanspruchen, denn wir wollen es genießen.

Somit fahren wir die uns bereits bekannte Straße in den Kootenay Park. Die letzten Häuser von Radium Hot Springs liegen in einem zunehmend enger werdenden Tal und sind in amerikanischen Varianten von Alpenarchitektur gebaut. Kurz darauf erscheint die Einfahrt zum Nationalpark. Wir können auch jetzt, wie bereits im Waterton-Lakes-Park, von unserem Annual Pass profitieren und müssen diesmal nichts bezahlen.

Die heißen Quellen liegen bereits im Park. Zuvor führt die Straße durch eine bemerkenswerte Felsklamm, wie ein Durchschlupf in ein geheimnisumwittertes unentdecktes Tal, den sogenannten Sinclair Canyon. Doch schon bald endet der Canyon und das Tal weitet sich wieder. Kurz darauf tauchen die Radium Hot Springs auf, die auch dem Ort am Parkeingang seinen Namen gaben.

Diese Quellen sind sehr stark zu einer Bade- und Erholungsanlage ausgebaut. Es gibt zwei großen Becken, ein heißes und ein warmes zum Schwimmen, und einen weitläufigen Gebäudekomplex mit Umkleiden, Duschen, Sanitäreinrichtungen, Café, Wellness-Angeboten und natürlich der Kasse. Aber was hat es mit dem Radium auf sich. Ist das gesund? Vor hundert Jahren glaubte man das, heute nicht mehr. Radium ist ein alkali-metallisches Spurenelement, welches im Erdinneren als radioaktives Isotop vorkommt. Aber im Wasser dieser heißen Quelle ist es praktisch nicht enthalten. Der Name kommt vielmehr vom schwach radioaktiven Edelgas Radon, welches im Quellwasser enthalten ist. Im hiesigen Falle ist es weder gesund noch gefährlich.

Das Wetter ist freundlich und warm und an der Belegung des Parkplatzes kann man schon erkennen, dass heute viele Besucher da sind. Auch an der Kasse ist eine kurze Schlange, aber nach dem obligatorischen Durchlaufen von Kasse, Umkleide und Dusche sind wir schon bald im warmen Wasser und kochen unser Muskelgewebe weich. Dabei suchen wir uns das letzte Eckchen im warmen Becken, das noch Schatten von einer angrenzenden Felswand bekommt. Das halten wir ein Weilchen aus, unterbrochen nur vom Gang zu unseren Trinkflaschen, die wir in unseren Sporttaschen am Beckenrand haben.

Irgendwann wechseln wir in das etwas kühlere Schwimmbecken, wo wir gemächlich umherschwimmen. Auch beim Nichtstun oder Wenig-Tun kann die Zeit vergehen. Nach über zwei Stunden kommen wir langsam zum Ende und schließen unseren Besuch in der Thermalquelle ab. Natürlich gab es dabei auch eine Portion Körperhygiene und eine Rasur.



Nun fahren wir weiter auf dem Kootenay Highway, welcher erst einmal durch ein Quertal von Radium Hotsprings westwärts das weitläufige Tal des Kootenay Rivers erreichen muss. Dazu muss er über einen Pass und vorher am Olive Lake vorbei. Auch den olivgrünen Olive Lake kennen wir vom Vorjahr, wie auch den gesamten vor uns liegenden Streckenabschnitt bis zum Banff Nationalpark.

Als nächstes halten wir am Kootenay Valley Viewpoint, welcher unmittelbar nach Überwinden des Passes den Blick über das Haupttal des Kootenay Parks öffnet. Von hier aus sieht man gut, was den Park ausmacht. Es sind weniger die spektakulären Hotspots der Natur, wie in den Parks von Banff oder Jasper, sondern die majestätische Weite der Bergpanoramen als Ganzes. Zwischen den beiden erhabenen Bergketten im Osten und im Westen liegt ein weitläufiges bewaldetes Tal, welches an den Bergflanken sanft ansteigt und schließlich in schroffe felsige Berge übergeht. In der Talsohle aber fließt als unberührter Wildwasserfluss der Kootenay River. Daneben ist genügend Platz für den Parkway, der sich szenisch durch das Tal windet.

Auch der Verkehr ist hier geringer, als in den berühmteren Parks im Norden. Als wir vom Aussichtspunkt weiter in Richtung Norden rollen, empfinden wir das Gleiten durch den Park auf dem Highway um seiner selbst willen als Genuss. Auf den nächsten Halt freuen wir uns schon. Es ist ein Parkplatz direkt am Fluss. Hier haben wir im letzten Jahr über Nacht gestanden, nicht ganz legal. Aber da die umliegenden Campgrounds bereits geschlossen waren und wir auch nicht zurück nach Radium Hotsprings fahren wollten, riskierten wir diese illegale Übernachtung.

Wir verweilen recht lange an dieser Stelle, denn als nächstes Ziel wäre bereits ein Campground anzusteuern der unweit in Fahrtrichtung liegt. Noch ahnen wir nicht, wie sehr sich die Erlebnisse vom letzten Jahr wiederholen würden. Der erste Hinweis diesbezüglich kommt von einer amerikanischen Touristin, die ebenfalls hier hält. Sie hätte bislang keinen geöffneten Campground gefunden, klagt sie. Da sie von Norden kommt, sage ich ihr, dass sie am Südende des Parks in Radium Hotsprings einen geöffneten Campground finden wird.

Wir aber wollen nach Norden und fahren auf gut Glück weiter. Tatsächlich, der nächste Campground ist geschlossen und zwar so, dass bereits an der Abfahrt vom Highway eine geschlossene Schranke die Zufahrt verwehrt. Wir fahren also immer weiter nach Norden, wohl ahnend, dass wir möglicherweise erst im Banff Nationalpark einen Campground finden werden. Auch ein weiterer Campground ist geschlossen. Es ist, wie im Glacier Nationalpark: Öffnung erst am 1. Juli.

Abseits liegende Parkplätze ziehen wir auch in Betracht, verwerfen sie aber schließlich. Im Gegensatz zum Herbst letzten Jahres sind jetzt die Nächte kurz und die Abende lange hell. Somit würden wir einem eifrigen Parkranger viel eher auffallen, als dies im Herbst der Fall war. Und das Risiko, in der Dämmerung des Parks verwiesen zu werden, wollten wir auch nicht eingehen.

Somit war unser neues Übernachtungsziel bestimmt, der Castle Mountain Campground im Banff Nationalpark, auf dem wir eigentlich erst einen Tag später übernachten wollten. doch bis dahin haben wir noch hundert Kilometer an malerischen Silhouetten der Kootenay Rockies zu durchgleiten. Dabei wollen wir an den Attraktionen, die wir im letzten Jahr schon besucht hatten, nicht mehr halten. Es sind solche Stellen wie der Marble Canyon, der Numa Wasserfall oder die Paint Pots.

Dennoch kommt es zu einem unvorhergesehenen Halt. Es ist eine sehr große Gruppe Mountain Goats - etwa 30 Tiere, die an einem Abhang umher läuft, grast oder Mineralien leckt. Es stehen schon einige Fahrzeuge am Rand und fotografierende Touristen laufen umher. Auch wir halten am Rand und tun Gleiches. Es sind auch Jungtiere dabei, manche noch ganz klein.

Einige Tiere laufen die Böschung hinunter und ziehen Staubfahnen hinter sich her. Andere stehen ganz oben an der Böschung. Irgendwo ist immer Bewegung in so einer großen Gruppe.
Es dauert eine ganze Weile, bis wir genug gekuckt, fotografiert und gefilmt haben. Dann fahren wir weiter zur nördlichen Parkgrenze.

Den Castle Mountain sieht man schon lange, bevor man die Parkgrenze von Banff und somit Alberta erreicht. Er ist der Namensgeber für den Campground, den wir heute erreichen wollen. Doch irgendwann begrüßt und ein Schild im ältesten Nationalpark Canadas und im Staat Alberta. Dies passiert auf der Schussfahrt hinab ins Bow Valley, das Tal der Bow River, welches deutlich tiefer liegt, als der Pass, von dem wir aus Südwest kommen.

Wenige Kilometer vor unserem Ziel passiert uns glatt noch ein Malheur und wir ordnen uns falsch ein. Zu spät merken wir, dass wir auf den Transkanada Highway 1 geraten sind, anstatt dem etwas nördlicher verlaufenden Parkway 1a zu folgen, an dem auch der Campground liegt. Ärgerlich, sehr ärgerlich, zumal der Highway 1 eine autobahnartige Schnellstraße ist, auf der wir nicht einfach wenden können. So sind wir gezwungen, bis zur nächsten Anschlussstelle zu fahren, um die richtige Ausfahrt zu nehmen.

Dieser Umweg ist auch in einer anderen Hinsicht ärgerlich. Wir wollen schließlich mit unserer Tankfüllung aus den USA so weit wie möglich kommen und hatten die Hoffnung gehegt, vor Rückgabe des Campers in Calgary nicht mehr tanken zu müssen. Da sind natürlich solche sinnlosen Umwege nicht zweckdienlich. Wir werden also schauen, ob wir es dennoch ohne Zwischentanken bis Calgary schaffen. Nun aber erreichen wir den Castle Mountain Campground und richten uns auf einem, der wenigen verblieben freien Plätze ein.

Es ist aber ein schöner Platz mitten im Wald und es gibt Feuerholz zur Genüge. Da wollen wir natürlich auch ein romantisches Lagerfeuer entfachen, was wir auch tun.

Alles in allem ist das ein gelungener Ausklang eines erlebnisreichen Tages, trotz unverhoffter Wendungen in Bezug auf unsere Pläne.

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