Sonntag, 21. Juni 2015

Einmal Yellowstone und zurück... Duty Free von Montana nach BC

R&G

Heute werden wir den Glacier Nationalpark verlassen, so oder so. Das eine "So" steht für eine Fahrt mit Xanterra auf der Going-to-the-Sun Road und das andere "so" steht für einen direkten Aufbruch nach Norden. Dies wird davon abhängen, ob wir im Besucherzentrum etwas über die Xanterra-Tour erfahren und ob die Angebote passen. Also starten wir nach dem Frühstück vom Campground aus in Richtung Parkausgang.

Dort befindet sich am westlichen Ende des Lake McDonald der Hauptort des Nationalparks. In diesem Ort namens Apgar ist auch das zentrale Besucherzentrum.

Heute haben Christian und Johannes Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch! Uns fehlen die Kommunikationswege, um diese Glückwünsche auch an den Mann zu bringen, aber wir hoffen, ihr habt einen schönen Tag.

Am Besucherzentrum erfahren wir nicht viel Konkretes über Xanterra-Exkursionen. An den Busstationen kann man die Fahrt nicht buchen, sondern vorab über eine telefonische Service-Hotline. Darauf haben wir schon mal keine Lust. Zudem dauert so eine Fahrt wohl mindestens 4 Stunden. Also tritt Plan B in Kraft und wir begeben uns auf die Weiterfahrt nach Norden. Somit verlassen wir den Glacier Nationalpark zuerst in Richtung West - kommen wieder durch Hungry Horse und Columbia Falls - und fahren dann nach Whitefish.

In beiden Orten halten wir. In Columbia Falls besuchen wir einen Supermarkt. An den Angeboten der Supermärkte erkennt man den Wohlstand der Bewohner in den jeweiligen Orten. Auch Columbia Falls gehört der Riege wohlhabender Gemeinden an. Dementsprechend gibt es im Supermarkt Frischetheken mit reichhaltigem Angebot und eine Bäckerei, die unter anderem frische Baguettes  im Angebot hat.

Einen Ort weiter, in Whitefish entschließen wir uns, zu tanken. Es ist sinnvoll, so knapp wie möglich vor der kanadischen Grenze zu tanken, damit wir maximal den Vorteil der niedrigeren Spritpreise in den USA ausnutzen. Aber wir wollen auch nicht riskieren, irgendwann einmal die letzte Gelegenheit verpasst zu haben oder aber den Preisvorteil dadurch zu verlieren, dass in Grenznähe die Preise auch auf US-Seite anziehen. Also scheint uns die Tanke in Whitefish ein guter Kompromiss zu sein. Die Grenze zu Kanada ist nicht ganz 100 Kilometer entfernt und auf dem Weg dahin gibt es außer ein paar Käffern nur noch einen nennenswerten Ort namens Eureka.

Nach dem wir ordentlich mit der Zapfpistole nachgedrückt haben, um den Tank maximal voll zu bekommen, rollen wir unseren letzten Kilometern in Montana entgegen. Zuerst kommen wir durch Whitefish Downtown. Ohne Halt passieren den Ortskern, aber ein Besuch hätte sich durchaus gelohnt. Er erinnert ein wenig an den Heimatort vom Grinch. Ihren Wohlstand und auch die innerstädtische Architektur aus Western- und Zuckerbäckerstil-Elementen verdankt die Stadt dem angrenzenden größten Skigebietes Montanas.

Die Annahme bestätigt sich, dass es keine großartigen Tankgelegenheiten vor der Grenze mehr geben wird. Wir durchfahren keine wahrnehmbaren Orte mehr außer Eureka und dort halten wir sogar kurz. Doch bis auf ein Café hat hier alles zu. Der Ort wirkt verschlafen, aber wir sehen zwei Fernradler durch den Ort strampeln, deren Beflaggung an den Räder zeigt, dass sie aus Deutschland kommen.

Von Eureka bis zum Grenzübergang in Roosville sind es 10 Kilometer. In Sichtweite des Kontrollpunktes kommen wir vorher an einer Wellblechhalle am linken Straßenrand vorbei. "Duty Free" prangt an einer großen Tafel und wir lassen uns von dieser Gelegenheit zollfreien Einkaufens anlocken. Dieser Duty-Free-Laden hat den typischen Aufbau solcher Läden, wie sie überall in der Welt zu finden sind - mit Schwerpunkt Alkohol, Zigaretten und Parfümerie. Letztlich verlassen wir den Store mit einem Kentucky Straight Bourbon Whisky, einem Buffalo Trace.

Bei einem Bourbon kann man nicht viel falsch machen, erst recht nicht mit einem Kentucky Straight Bourbon, dessen Herstellung durch einige Standards und eine mindestens 2-jährige Lagerung in Fässern aus amerikanischer Weißeiche reglementiert ist. Ein Video von Whisky.de mit Wissenswertem über diesen Bourbon und eine Verkostung samt Expertenurteil haben wir uns erst bei dem Verfassen dieses Blog-Beitrages angesehen.

Der lustige Moment bei diesem Einkauf kommt aber jetzt. Den Einkauf bekommen wir nämlich nicht nach dem Bezahlen ausgehändigt. Stattdessen bekommt eine Angestellte des Stores die Tüte und man erklärt uns, dass wir den Einkauf vor dem Kontrollpunkt ausgehändigt bekommen.


Wir erklären uns diese Prozedur damit, dass verhindert werden soll, dass US-Bürger hier zollfrei einkaufen und dann einfach wieder zurückfahren nach Montana. Diese Ladenangestellte fährt also in einem Jeep vor uns her und hält an einem kleinen Parkplatz unmittelbar vor dem Kontrollpunkt. Hier übergibt sie uns die Tüte und bedankt sich nochmals für den Einkauf. Dann schaut sie uns nach, wie wir uns in die kurze Autoschlange am Grenzposten einreihen.


Eigentlich hatten wir dieses Gebaren schon einmal erlebt. 2014 in Calgary auf dem Flughafen wurde ähnlich verfahren. Obwohl wir ja bereits im Abflugbereich waren, wurde unser Einkauf - wir erinnern uns, es war ein kanadischer Whisky Crown Royal - erst beim Boarding übergeben.

Nun aber stehen wir in der Autoschlange und sind guter Hoffnung, dass wir problemlos wieder zurück nach Kanada kommen. Wie wir das bereits kennen, übernimmt der Einreisestaat die Grenzkontrolle. Somit gibt es keinen US-Posten, sondern in Richtung Nord nur den Kanadischen Posten. Als wir dran sind, begrüßt uns der Officer zweisprachig mit "Hello - bon jour", wie es in Kanadas offiziellen Einrichtungen üblich ist. Während er in unseren Pässen blättert, fragt er nach den typischen Gütern, die den Zoll interessieren: Feuerwaffen, Feuerholz, Alkohol, Tabak, frische Lebensmittel, speziell Eier. Unter dem Eindruck des eben erstandenen Whiskys antworten wir: "Haben wir alles nicht, außer etwas Alkohol im Rahmen der zollfreien Limits." Er fragt uns, wieviel denn das genau sei und erhält die wohlvorbereitete Antwort: "1 Liter Whisky, 1 Liter Wein und ein Sixpack Bier".

Damit gibt er sich zufrieden und fragt: Ihre letzte Einreise nach Kanada war im September 2014? Offensichtlich hatte er den Einreisestempel vom Juni 2015 übersehen und wir beeilen uns, ihn umgehend darauf hinzuweisen. Es könnte schließlich ein Problem werden, wenn der Verdacht aufkäme, wir wären länger als 6 Monate im Land gewesen, denn nur ein halbes Jahr ist Visa frei. "Ah Sie sind ja Kanadaprofis", sagt er, gibt uns die Pässe zurück und wünscht uns gute Reise.

Wir rollen nach Kanada hinein und sehen am Rand einen Pickup, der vom kanadischen Zoll gerade auseinander genommen wird. Sowas ist also durchaus auch möglich, sagen wir uns und denken an die paar Eier im Kühlschrank, die noch von unserem Dutzend übrig sind. Die sind nun verbotener Weise zweimal über die Grenze gefahren, wie ein "Linie Aquavit", der durch zweimaliges Schippern über den Äquator geadelt wird.



Landschaftlich ändert sich kaum etwas. Dennoch spürt man Kanada. Zuerst einmal sind die Entfernungsangaben wieder in Kilometern und es ist weniger Verkehr. Übrigens sind wir jetzt in British Columbia und das Kootenay-Tal liegt voraus. Der Highway trägt noch immer die Nummer 93, nennt sich aber Kootenay Highway. Doch bald kommen wir an eine Straßenmündung. Nach Osten geht's quer durch die Rockies nach Alberta. Der Pass, welcher dabei zu überwinden ist, befindet sich bei Crowsnest an der Grenze zu Alberta. So heißt jetzt auch der Highway - Crowsnest Highway (Hwy 3). Wir befahren ihn aber in Richtung Nordwest, hinein ist Kootenay Tal.


Nach einer kurzen Strecke entschließen wir uns zu einem Abstecher in die Botanik, um an einem schönen Plätzchen am Wasser eine Mittagspause zu machen. Die Kikomun Road ist gar nicht so unbefahren, wie es anfangs schien und wir sehen auch kein Wasser, obwohl wir schon viele Kilometer von der Hauptstraße weg sind. Später wird das Kartenstudium zeigen, dass wir einen Steinwurf vor dem Koocanusa Lake aufgegeben haben. Aber im Augenblick ist uns das nicht klar und wir rasten auf einem Schotterplatz am Wegesrand. Hier sehen wir einen Adler (oder Bussard) am Himmel kreisen. Nach einer kurzen Pause wursteln wir uns über die Jeffrey Baynes Lake Road zurück auf den Highway.

Nun fahren wir wieder Nord-westwärts, so wie auch das Kootenay Tal sich erstreckt - zwischen den gewaltigen Bergmassiven der Kootenay Rockies im Osten und den Purcell Mountains im Westen.

Das Fahren kommt mir entspannter vor, als in den Staaten. Dort war, vom dichteren Verkehr abgesehen, das Tempo auch gar nicht so gering, wie es die Limit in Meilen pro Stunde erscheinen ließen. Entspannt rollen wir also durch sanfte Wildheit der Kootenay Region, die den Highway mit spärlichen Weiden und lichten Kiefernwäldern einrahmt und am Horizont auch immer Berge präsentiert - mal näher, mal entfernter.

Außer imposanter Natur sehen wir nur wenige trostlose Orte. Der nächste ist Wardner, wo der Highway den Kootenay River überquert. Dann kommt ein Abzweig nach Cranbrook - dort fahren wir aber nicht hin - und wieder eine Brücke über den Kootenay. Bald danach kommt Fort Steele, welches mit einem historischen Fort lockt. Wir wollen uns das anschauen, aber dann schreckt uns ein riesiger (und voller) Parkplatz vor einem zum Vergnügungspark umgestalteten Wildwest-Fort ab und wir verzichten. Stattdessen rollen wir dem Abzweig zu unserem Tagesziel entgegen. Kurz hinter Skookumchuck - zwei Häusern mit drei Spitzbuben - biegen wir in die Whiteswan-Lake-Forest-Service Road und sind endlich mal wieder auf Schotter.

Aber auf den 25 Kilometern bis zu unserem Campground wird es noch einen kleinen Höhepunkt geben - die Lussier Hot Springs. Diese heiße Quelle ist relativ unbekannt kaum ausgebaut und frei zugänglich. Entlang der Schotterpiste ist lediglich eine Verbreiterung der Schotterfläche zu einem Turnout als Parkplatz angelegt und eine Infotafel aufgestellt worden. Ein Trockenklo gibt es auch und der Abstieg zum Ufer des Lussier River mit Stufen und Geländer führt einige dutzende Meter hinunter zur heißen Quelle, die direkt am Ufer des Wildwasserflusses aus dem Berg tritt.


Einige Autos stehen auf dem Parkplatz und wir gesellen uns hinzu. Nachdem wir flink unsere Sachen gepackt haben, steigen wir die Treppe hinab zum Flussufer. Da die Quelle direkt am Fluss entspringt hat man aus Geröll eine Barriere zum Fluss aufgeschichtet und somit einige kleine Nischen und Pools mit warmem Wasser gebildet. Viel Platz ist darin nicht, aber einige der Besucher machen sich gerade fertig zum Verlassen der Quelle. So finden wir ein bequemes Eckchen in einem der Pools und entspannen im heißen Wasser. Der eiskalte Wildwasserfluss rauscht nur wenige Meter entfernt an uns vorbei. Wer will, kann hier ein eisiges Wechselbad nehmen.

Das heiße Wasser wirkt, wie ein Wannenbad, Schweiß und Staub werden porentief aufgelöst. Ohne Badebekleidung wäre das mit der heimischen Badewanne gleichzusetzen, aber am Abstieg gebot und ein Schild: Spirituosen und Nacktheit verboten. Wir fühlen uns trotzdem ganz gut gebadet und machen uns nun fertig zum Aufstieg. Diesen absolvieren wir ganz bedächtig, um nicht gleich wieder zu schwitzen. Dann geht's auf zum Campground am Alces Lake, die letzten Kilometer über Schotter.

Der Campground am Alces Lake ist ganz nach unserem Geschmack und er ist so gut wie leer. Wir okkupieren einen Platz mit direktem Zugang zum Wasser. Kaum haben wir unseren Zettel zur Selbstregistrierung ausgefüllt, da taucht auch schon ein Platzwart auf und vollendet unsere Anmeldung. Dabei schnackt er uns auch noch Feuerholz an, aber wir haben auf einem so schönen Platz in der Tat Lust auf ein schönes Lagerfeuer.

Das Feuerchen prasselt auch schon bald, nachdem das Holz noch etwas feiner gespalten ist. Und auch das Abendbrot ist deliziös. Wir können nun bis zum Dunkelwerden einfach nur den züngelnden Flammen zuschauen oder zur Abwechslung am Ufer des Sees die zunehmende Abendstimmung des Bergpanoramas genießen.






Mit der sinkenden Sonne fühlen wir uns inspiriert, den Fotoapparat für einige Zeitrafferserien aufzubauen.

Die Zeitraffer zeigen beindruckend, wie die Erde sich mit ihrer Rotation von seinem Zentralgestirn, der Sonne abwendet und immer weiter in den eigenen Schatten taucht - zu betrachten im Video unten.

Das nächste Zeitraffervideo zeigt, wie anschließend der Sternenhimmel gen Westen flieht, während die Erde sich unaufhaltsam ostwärts dreht. Sogar Nordlichter flackern kurzzeitig auf, und das in der kürzesten Nacht des Jahres.

Da diese Serien am Abend des 21. Juni entstanden sind, widmen wir sie den Geburtstagskindern dieses längsten Tages das Jahres 2015, speziell Christian und Johannes.




Von Zeit zu Zeit fährt ein Fahrzeug auf der Schotterstraße um den nächtlichen See. Dort liegt der größere Whiteswan Lake, der dem hiesigen Provinzpark seinen Namen gab. Einen Abstecher dorthin nehmen wir uns für morgen vor und begeben uns zur Nachtruhe.

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